Courrier / Communications

Richtlinien sind zum Glück nur Richtlinien

DOI: https://doi.org/10.4414/bms.2022.20962
Date de publication: 17.08.2022
Bull Med Suisses. 2022;103(3334):1035

Dr. med. Ueli Müller, Bremgarten

Richtlinien sind zum Glück nur Richtlinien

Brief zu: Neuenschwander M. Fragwürdige Ethik. Schweiz Ärzteztg. 2022;103(2728):910; Preisig E. Neue Richtlinien Lebensende / assistierter Suizid gesetzeswidrig. Schweiz Ärzteztg. 2022;103(2930):942

Ich kann die Leserbriefe von M. Neuenschwander und E. Preisig in den letzten SÄZ zum Thema «Neue Richtlinien Lebensende» nur unterschreiben. Während 34 Jahren habe ich als Hausarzt in einem Dorf gearbeitet und beschäftigte mich in dieser Zeit natürlich mehrmals mit dem Thema Sterbehilfe. Auf das Erzählen von konkreten Beispielen verzichte ich hier.

Richtlinien sind zum Glück nur Richtlinien und als Arzt habe ich die Möglichkeit, mich anders zu entscheiden – was ich auch gemacht habe und, nachdem ich die Angehörigen der Verstorbenen während vielen Jahren weiter betreut habe, wieder tun würde. Die Rechtsprechung ist ja in der Schweiz liberaler als die SAMW-Richtlinien, die von der FMH übernommen worden sind. Dass man je nach Herkunft, Beruf, eigenen Erfahrungen und Überzeugungen unterschiedlicher Meinung sein kann, kommt eindrücklich in der Verfilmung des Buches «Gott» des Juristen und Schriftstellers Ferdinand von Schirach zum Ausdruck. Ein 78-jähriger Mann, der unter nichts anderem leidet als unter dem Leben, kämpft für seine Freiheit, diesem ein Ende zu setzen. Im deutschen Ethikrat diskutieren Juristen, Ethiker und Mediziner mit dem Sterbewilligen.

Ich denke, dass in der Schweiz die Gesetzgebung der gesellschaftlichen Haltung besser entspricht als die Richtlinien der SAMW, mit deren Übernahme sich die Ärzte zu enge Grenzen setzen.

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