Senkung der Gesundheitskosten: anderer Ansatz

Briefe / Mitteilungen
Édition
2021/37
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2021.20138
Bull Med Suisses. 2021;102(37):1202

Publié le 15.09.2021

Senkung der Gesundheitskosten: anderer Ansatz

Ich halte den Artikel von Prof. Stalder für sehr lesenswert, verfolge aber einen anderen Ansatz. Die Argumente gegen eine (weitere) Kostenbeteiligung haben schon einiges für sich: Wir beteiligen uns privat und über die Prämien bereits stark an den Gesundheitskosten und gerade für Personen in prekären finanziellen und gesundheitlichen Situationen kann eine höhere Kostenbeteiligung eine gefähr­liche Hürde darstellen. Allerdings kann man auch anders argumentieren.
Soweit ich orientiert bin, wird politisch vor allem über eine Erhöhung der Franchise debattiert, also über den Betrag, den man pro Kalenderjahr am Anfang selber bezahlen muss (mind. Fr. 300, dazu kommt weiter ein 10%iger Selbstbehalt bis zu einem Betrag von Fr. 700, total min. Fr. 1000).
Diesen politischen Ansatz finde ich auch ungeeignet. In einem Artikel in der SÄZ vom 1. Februar 2017 habe ich neben einer Qualitätskontrolle der Indikationen einen unbegrenzten Selbstbehalt gefordert, was neben einer Kostensenkung auch zu einer Korrektur des moral hazard führen sollte. Dass dieses Modell Menschen in prekären Verhältnissen ungüns­tig treffen könnte, habe ich hervorgehoben und entsprechende flankierende Massnahmen gefordert.
Zum aktuellen KK-Modell ist zu bedenken, dass Franchise und Selbstbehalt auch eine erhebliche Hürde darstellen können, vor allem, wenn die Krankheit gegen Ende Jahr auftritt. In meinem Modell gäbe es weder Franchise noch Kalenderjahr. Und im Sinne von flankierenden Massnahmen müsste man das aktuelle Giesskannen-Subventionssystem auf das neue Modell umstellen.
Ich habe die vielleicht naive Vorstellung, dass eine Gruppe von intelligenten Fachpersonen das aktuelle Modell kostenmässig durchleuchtet (Zahlen sind ja genug vorhanden) und auf einer Excel-Tabelle (oder einer geeigneteren Software) an den einzelnen Parametern schrauben und feststellen kann, wie sich die Kosten verändern, wenn man verschiedene Parameter ändert. Zu ihnen gehörten die Höhe (und Dauer) des Selbstbehaltes sowie die Regelung der flankierenden Massnahmen.
Zu guter Letzt zwei Bemerkungen: (a) ein unbegrenzter Selbstbehalt könnte auch ein Mittel gegen unbegründet hohe Medikamentenkosten (und anderes) sein, weil nicht mehr alle alles wollen, es im aktuellen System aber keine Grenzen gibt, und (b) ein Parameter, der in die Excel-Tabelle einfliesst, sollte die Kopfprämie sein.
Dr. Urs Strebel, Stäfa