Bezüglich Sprachbarrieren sozialpolitische Lösungsansätze anstreben
Besten Dank für Ihren im aktuellen politischen Umfeld wichtigen Artikel. Ich erlebe die Problematik der schwierigen Kommunikation täglich in meiner Praxis. Wie Sie beschreiben, führt eine ungenügende Anamnese, eine fehlende Erklärung des Krankheitsbildes sowie der therapeutischen Massnahmen zu einer erheblich verminderten Behandlungsqualität und schlechten Compliance.
Etwas Mühe habe ich allerdings mit Ihrer Unterstellung, dass die ÄrztInnen diesbezüglich eine «enttäuschende Haltung» aufweisen würden. Angesichts der weiterhin ungeklärten Finanzierungsfrage läuft eine Praxis Gefahr, dass sie Kosten selber übernehmen muss, die unter Umständen diejenigen der Konsultation sogar übersteigen. Zusätzlich wurde die Gesprächszeit vom Bundesrat auf 20 Minuten (inklusive Administration!) begrenzt, dies stellt eine weitere Hürde in der Behandlung von Menschen mit Sprachschwierigkeiten dar. Ob diesbezüglich die Rechnungsstellung einer Konsultation «mit erhöhtem Behandlungsbedarf» einer juristischen Prüfung standhalten würde, wage ich angesichts des von Ihnen erwähnten Bundesgerichtsentscheids zu bezweifeln.
Leider beschreiben Sie in Ihrem Artikel keine Lösungsansätze. Kollege Gross empfiehlt in seinem Leserbrief «Vom Dolmetschen» (SÄZ 2020;101(49)) die Möglichkeit, den «Google Übersetzer» einzusetzen. In der praktischen Sprechstunde (15-Minuten-Takt) ist das äusserst schwierig, im Schriftverkehr aber durchaus eine praktikable Lösung. Gute Erfahrungen habe ich mit dem Übersetzungsdienst «Deepl.com» gemacht, den auch meine Praxisassistentin erfolgreich einsetzt. Dieser ist zwar nur für einige Sprachen erhältlich, weist jedoch den aktuell wahrscheinlich besten KI-Algorithmus auf. Zukünftige Lösungen könnten Übersetzungs-Apps sein, wie beispielsweise diejenige von Apple im neuen iOS 14. Diese liefert bei deutschem Sprech-Input einen fremdsprachigen Sprech-Output.
Schliesslich muss diese Problematik auf parlamentarischer Ebene besprochen werden, um eine sozialpolitisch verträgliche Lösung zu finden. Es kann nicht sein, dass man diese Kosten auf die betroffenen PatientInnen oder auf die BehandlerInnen abwälzt. Es müssten staatlich oder kantonal zentralisierte Stellen eingesetzt werden, über welche sich DolmetscherInnen einfach organisieren liessen und welche die Kostenfrage regeln würden. Auch wenn auf diese Art und Weise vermeintlich höhere Kosten anfallen, bin ich überzeugt, dass sich die Gesamtkosten durch die bessere Behandlungsqualität reduzieren liessen.
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