Das EPD kommt – kommt nicht – kommt – kommt nicht

Briefe / Mitteilungen
Édition
2019/43
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2019.18254
Bull Med Suisses. 2019;100(43):1416

Publié le 23.10.2019

Das EPD kommt – kommt nicht – kommt – kommt nicht

Auf der Website des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) ist zu lesen: «Das Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier regelt die Rahmenbedingungen für die Einführung und Verbreitung des elektronischen Patientendossiers und tritt am 15. April 2017 in Kraft.»
Es ist wichtig und gut, pro Person schweizweit ein ­einziges Patientendossier zu führen, mit aktuellen ­Diagnosen, aktueller Behandlung und wesentlichen Befunden (Labor, EKG, weitere Untersuchungsresultate). Nicht geklärt ist, wer die Datenhoheit hat. Welche medizinische Fachperson trägt mit der Patientin die Verantwortung für den Inhalt des EPDs? Dies ist eine hausärztliche Aufgabe. Die schweizerischen Hausärzte müssen in diese Fragen einbezogen werden.
Auf der Website www.e-health-suisse.ch/startseite.html ist viel Material zum EPD zu finden. Im Untermenu «Technik und Semantik» sind interessante ­Themen (Technische Interoperabilität, Architektur EPD Schweiz, Technische Standards, eHealth Connector, EPD-Referenzumgebung, AG Technisch-­Se­mantische Inte­gration, Semantische Interoperabilität, Gremien zur Semantik, Seman­tische Standards, EPD-Projectathon, Programmierhilfen EPD). Projectathon sind Bewerbungsverfahren, bei welchen diverse Anbieter ­(unter anderem Post AG und Swisscom) mitmachen. Die Semantik ist ein Teil­gebiet der Linguistik, das sich mit den ­Bedeutungen sprachlicher Zeichen und Zeichenfolgen befasst – welche Bedeutung die Semantik bei der Einführung des EPD hat, ist schwer verständlich.
Basel gab für die Einführung des EPD 3 Millionen Franken aus, dann starb das Projekt vorzeitig. Junge Arztkollegen meinten zu diesem Projekt-EPD, es sei eine Art schlechte Dropbox [1]. In Zürich wird aktuell um das EPD gestritten – nachdem sich Basel für die Einführung des EPD Zürich anschliessen wollte. In Zürich wurden anscheinend 3,75 Millionen Franken ausgegeben und nun ist ein heftiger Streit entbrannt [2]. Weitere Skandale, die das EPD direkt oder indirekt ­betreffen: In Deutschland sind Millionen von Patientdaten im Internet aufgetaucht [3]. Die Swisscom hat Hunderten ihrer Kunden die Daten gelöscht [4].
Das in der Arztpraxis brauchbare EPD ist einfach aufgebaut (wenig Mausklicks, gute Übersicht, einfache ­Erfassung der Medikation). Ein umständliches Programm führt zu verstärkter Ermüdung, zu muskulären Verspannungen und ist enorm belastend. Nur ein cleveres Programm entlastet die tägliche Arbeit.
Vor der definitiven Einführung des EPD muss die Ärzteschaft umfassend informiert werden, was auf sie zukommen wird. In einem Probelauf in Praxen, beispielsweise 1000 Hausarztpraxen, muss ausgewertet werden, welchen zeitlichen und kräftemässigen Daueraufwand die tägliche Pflege des EPDs ver­ursacht.
Es geht beim EPD um viel Geld, tatsächlich aber geht es zuerst um die ärztliche Arbeit, und diese soll erleichtert werden, jedoch nicht zusätzlich erschwert werden. Das EPD muss sich in der Arztpraxis bewähren, nicht in der Theorie und nicht an der Aktienbörse.