Begegnung auf Augenhöhe

Briefe / Mitteilungen
Édition
2019/37
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2019.18185
Bull Med Suisses. 2019;100(37):1222

Publié le 10.09.2019

Begegnung auf Augenhöhe

Ich vertrete genau wie Herr Zaman die Sichtweise, dass Heilkunst aus einer biopsycho­sozialen Perspektive erfolgen sollte. Und dass dieses Unterfangen nur im Rahmen multi­professioneller Zusammenarbeit zu leisten ist. Dies, weil die Komplexität der Phänomene, mit denen wir es zu tun haben, derart gross ist, dass erst ein koordiniertes Zusammenarbeiten verschiedener Berufsgruppen zieldienlich sein kann.
Was aber hindert uns daran, die Zusammen­arbeit auf gleicher Augenhöhe zu gestalten? Bedauerlicherweise wird in der Diskussion der Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Psychologen immer wieder das Argument mangelhafter beruflicher Kompetenz oder ­fehlender Erfahrung der letztgenannten Berufsgruppe aufgegriffen. Selbstverständlich können sich psychologische Psychothera­peutinnen nicht alles Wissen über biologische, psychische und soziale Zusammenhänge menschlicher Probleme aneignen. Aber auch Ärzte sind dazu nicht in der Lage. Selbstverständlich gibt es Fälle, in denen psychologisch ausgebildete Psychotherapeuten einen wichtigen Aspekt der Problematik ausgeblendet haben. Genauso wie es Psychiater gibt, die glauben, dass psychisches Leiden ausschliesslich auf biologische Ursachen zurückgeführt werden könne.
Ich träume von einer Zusammenarbeit mit meinen ärztlichen Kollegen auf gleicher Augen­höhe, getragen von gegenseitigem Respekt, im Dienste der Ziele und Anliegen un­serer Patienten, die sich uns anvertrauen. ­Gegenseitige Diffamierungen und Entwertungen sollten in diesem Vorhaben keinen Platz haben. Sie behindern unsere Zusammenarbeit und schaden unseren Patienten. Patienten wollen multiprofessionelle Fachleute, die respektvoll zusammenarbeiten und ihre Kompetenz in den Dienst der therapeutischen Ziele stellen.