Offener Brief an die Schweizer Bundesräte Ueli Maurer (Bundespräsident), Alain Berset (Vorsteher EDI) und Herrn Ignazio Cassis (Vorsteher EDA)

Briefe / Mitteilungen
Édition
2019/36
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2019.18171
Bull Med Suisses. 2019;100(36):1189-1190
Data Supplement
Begruendung_01.pdf

Publié le 04.09.2019

Offener Brief an die Schweizer ­Bundesräte Ueli Maurer ­(Bundespräsident), Alain ­Berset ­(Vorsteher EDI) 
und Ignazio Cassis ­(Vorsteher EDA)

Betrifft: «„Harm reduction – keine wirksame Strategie zur Tabakbekämpfung» bzw. Kündigung des Sponsoringvertrags des EDA mit Philip Morris an der Weltausstellung in Dubai 2020
Bern, 9. August 2019
Sehr geehrte Bundesräte
Wir sind Ihnen sehr dankbar, dass der geplante Sponsoringvertrag mit Philip Morris nicht zustande kommt bzw. gekündigt wurde. Das im Juli bekanntgewordene Sponsoring des Schweizer Pavillons in Dubai 2020 durch die in Lausanne ansässige international tätige Tabakfirma Philip Morris International(PMI) war für unsere Fachgesellschaften unverständlich und nicht akzeptabel. Wir möchten Ihnen im Folgenden kurz die Gründe dar­legen, weshalb eine Unterstützung der Tabakindustrie durch unser Land generell abzulehnen ist:
– Die Machenschaften dieser Industrie stehen im krassen Gegensatz zu den Inter­essen der Schweizer Bevölkerung, deren ­Gesundheit sie schädigt. Sie verursacht ­neben viel Leid und Krankheit unserem Gesundheitssystem enorme vermeidbare Kosten von jährlich mehreren Milliarden Franken, die den zweifelhaften Nutzen für die Wirtschaft weit übersteigen.
– Die staatliche Zusammenarbeit mit Tabakfirmen widerspricht der Absicht des Bundesrates, die vom schweizerischen Gesundheitsminister Pascal Couchepin 2004 unterzeichnete Rahmenkonvention der Tabakbekämpfung (FCTC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vom Parlament ratifizieren zu lassen. Die FCTC sieht vor, dass Werbung, Promotion und Sponsoring für Tabak- und Nikotinprodukte umfassend untersagt werden, namentlich auch internationales Sponsoring, und dass ­Präventionsmassnahmen vor ihrer Unterwanderung durch die Industrie zu schützen sind. Das Parlament bearbeitet zurzeit das Tabakproduktegesetz, das die Ratifizierung der FCTC erlauben soll.
– Die staatliche Hilfe an die multinationalen Tabakindustrien, die mit diesem Sponsoringvertrag eine offizielle, weltweit sichtbare Krönung erfahren hätte, widerspricht den Bemühungen der Schweiz, durch Förderung der internationalen Zusammenarbeit, namentlich der Rotkreuzorganisationen und der Weltgesundheitsorganisation, zu nachhaltigen Entwicklungen beizutragen.
Eine ausführlichere Begründung, wieso der Bundesrat auch in Zukunft mit der Tabak­industrie nicht gemeinsam auftreten sollte, liegt diesem Brief bei (siehe Online-Ausgabe der SÄZ). Die von Philip Morris verfolgte Strategie der «Harm reduction» ist ein untauglicher Weg in der Bekämpfung der Tabakepidemie, wie Sie auch dem beiliegenden Artikel «„Harm reduction – keine wirksame Strategie zur Tabakbekämpfung» entnehmen können, der kürzlich in der Schweizerischen Ärztezeitung veröffentlicht wurde [1].
Mit bestem Dank für Ihre Aufmerksamkeit und im Vertrauen, dass das Bundesparlament mit weitsichtigen Behörden und Politikern ein griffiges Tabakproduktegesetz mit wirk­samem Jugendschutz erlassen und die Tabakrahmenkonvention der WHO ratifizieren wird, verbleiben wir
Hochachtungsvoll
* Mitglieder der Special Interest Group Prevention (Tabak/Umwelt) der SGP