Komplexes Problem – einfache Lösung

Briefe / Mitteilungen
Édition
2019/25
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2019.17941
Bull Med Suisses. 2019;100(25):841

Publié le 18.06.2019

Komplexes Problem – ­einfache ­Lösung

Gesundheitsbehörden, Ökonomen, Krankenkassen – und Ärzte, die sich beeinflussen lassen – bestimmen darüber, welche «Diagnosen», und nicht «Patienten mit Diagnosen», ambulant oder stationär behandelt werden sollen. Wäre die Natur des Menschen eine rein biologische und nicht eine biopsychosoziale, könnten objektive Daten zu einer Diagnose zusammengefasst und nach einem Algorithmus entschieden werden, ob ambulant oder stationär. Aber schon die biologischen Daten allein gestalten die Diagnose oft schwierig, denn die Daten variieren individuell: Eine 52-jährige Frau leidet an perimenopausalen Menometrorrhagien, Hb 7,2 g%. In einer Frauenklinik wird sie am 20. April 2019 medikamentös behandelt und nachhause geschickt. Eine Besserung tritt nicht ein. Am 6. Mai 2019 erleidet sie eine Schwäche, wird präsynkopal und blutet massiv weiter. Hb 7,9 g%. Der Hausärztin gelingt es für den 9. Mai eine ambulante Hysteroskopie zu verabreden, eine Hospitalisation wird ihr verweigert. Die Situation ambulant/hospitalisiert lässt sich vereinfachen: Man kürze die Dia­gnoseliste radikal, beispielsweise bis zurück auf eine Diagnose, die ambulante Enthauptung. Eine Hospitalisation erübrigt sich, der chirurgische Eingriff wird einem Scharfrichter übergeben, der schon 25 Fälle betreut hat, Intensivstation, Reanimation, Bluttransfusionen, und die Rehabilitation erübrigen sich. Sollte die Diagnose nicht präzis gewesen sein, wie bei einem Fall im Jahre 1812 in der Stadt Bern, wo der «Patient» auf dem Schafott in grösster Not ausruft: «Ich bin kein Demagog, ich bin Pädagog», antwortet der «Chirurg» kurz und bündig: «Gog isch Gog.»