Die Zahl der Kinogänger ist rückläufig, für viele scheint auch das TV-Pantoffelkino eine Zumutung. Man möchte zu jeder Tageszeit, auf allen Geräten mit einem Internetzugang, aus einer riesigen Auswahl selbst auswählen können. Als Alternative zu Videotheken entstand ein DVD-Vertrieb per Post, der sich zu einem globalen Streamingdienst entwickelt hat. Allein in der Schweiz soll es über eine Million Netflix-Nutzer geben. Monatliche Abogebühren sorgen für einen Milliardenumsatz. Das Geschäftsmodell, mit dem die Kunden aus einem individualisierten Angebot auch Eigenproduktionen wählen können, ist einfach. Eine digitale Empfehlungsmaschine vermisst unablässig die Unterhaltungslandschaft durch die Auswertung der Nutzerdaten. Geschlecht, Hautfarbe, Nutzungszeiten, alles dient dazu, sich den Konsumenten anzupassen. Sie bekommen massgeschneidert, was ihren Erwartungen und Sehgewohnheiten entspricht. Eine Echokammer, in der ich nur höre, was ich schon kenne. Das Pendeln von A nach B wird zum Kinosaal. Was ich unterwegs auf meinem Tablett anschaue und anhöre, verkürzt mir, beliebig unterbrochen, die Bahnzeit. Kinofestivals, wie das in Fribourg, bieten ein Antidot, einen Kontrapunkt. Man muss sich über längere Zeit auf etwas einlassen. Sich auf unbekanntes Terrain vorwagen, entdeckungsfreudig Risiken und Nebenwirkungen in Kauf nehmen. Etwa bedrückende Erfahrungen oder Empörung aushalten, mit unbekannten Menschen mitleiden, in Gesellschaft lachen, Fachleute anhören, darüber diskutieren, Eindrücke vertiefen, ein Stück Welt nach Hause nehmen, das sonst für immer verborgen geblieben wäre. Im März 2020 ist es wieder so weit.