Regulation des Cannabismarktes

Briefe / Mitteilungen
Édition
2018/5152
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2018.17433
Bull Med Suisses. 2018;99(5152):1830-1831

Publié le 19.12.2018

Regulation des Cannabismarktes

Eigentlich schade, dass Prof. Daniele Zullino und sein Suchtexpertenteam von der SSAM und COROMA den fundierten Artikel von Kollege Barben zur Cannabis-Legalisierung und deren Nutzniessern [1] in gewandt sophistischer Manier zerreden. Die erkannte Zeitfrage müsste auf breiter Ebene diskutiert werden, zumal der Marlboro-Hersteller Altria sich bereits bei der kanadischen Cannabis-Firma Cronos für 1,8 Milliarden $ eingekauft hat (NZZ, 8.12.2018, S. 30). Es geht nicht nur um eine mögliche Reform der Regulation des ­expandierenden Cannabismarktes, sondern auch darum, dessen Auswirkungen zu antizipieren. Es geht dabei auch um den Schutz der Kinder und Jugendlichen und die sozialen Auswirkungen, wie sie im Spiegel-Report «Das Märchen vom harmlosen Gras» ausführlich beschrieben sind (Spiegel, 20.10.2018).
Die überwiegend welschen Autoren heben die Diskussion auf ein intellektuelles «formal­logisches» Niveau. Ihre argumentative Akrobatik soll die Freigabe von Cannabis für den freien Staatsbürger stützen. Sie wird von ­einem naiven Glauben an eine griffige obrigkeitliche Steuerung, vom Vertrauen in die heilende Kraft des Marktes und die unsichtbare Hand der Vorsehung getragen.
Diese Haltung einiger Suchtexperten dürfte in der Öffentlichkeit bei einer grossen Fan-­Gemeinde Anklang finden, die der Meinung ist, dass es ein Menschenrecht auf den Rausch gebe. Auch Toni Berthel, Präsident der Eid­genössischen Kommission für Suchtfragen, meinte kürzlich in einem Interview, dass der Konsum von Drogen eine kulturelle Praxis und das Phänomen, sich zu berauschen, zum Menschsein gehöre (Republik, 7.12.2018). Sich verantwortlich fühlende Gesundheits­poli­tiker werden dagegen ein ungutes Gefühl ­gegenüber den gesundheitlichen Risiken und einem kommerziellen Missbrauch bei Freigabe nicht los. Mich erinnert der Schlagabtausch und das postmoderne Vokabular der Genfer Kollegen an den Sokal hoax der 90er Jahre. Alan Sokal, Physikprofessor an der NYU, und sein belgischer Kollege Jean Bricmont in Louvain leisteten sich 1996 einen Jux und platzierten einen aus postmodernen Zitaten zusammengestoppelten pseudowissenschaftlichen Artikel in einer renommierten Zeitschrift, sammelten positive Rezensionen und deckten ihre Fake News schliesslich auf [2].