Ein Zerrbild der Realität

Briefe / Mitteilungen
Édition
2018/3031
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2018.06940
Bull Med Suisses. 2018;99(3031):978

Publié le 24.07.2018

Ein Zerrbild der Realität

Auf der einen Seite die «herrische» Frau, die einen selbstbestimmten Tod einfordert (am geöffneten Piano, im Hintergrund viele «sicher gescheite Bücher»: auch das noch!) und die deshalb einer «Totmach-Agentur» beigetreten ist. Was für ein Ausdruck! Und zu allem Überfluss noch der Vergleich mit einem Erotik-Portal!
Auf der anderen Seite der Patient, der sich – im Gegensatz zur herrischen Frau – willig in die Hände der «unaufgeregten Pflegenden» und des gütigen Hausarztes, der «mit Morphium nicht geizt», begibt und auf einer rosa Wolke «bedächtig dahinstirbt».
Dieser schwarzweisse Holzschnitt ist ein Zerrbild der Realität.
Es geht ja nicht nur um die letzten Tage und Stunden vor dem Tod, sondern oft um eine lange Leidenszeit, die schliesslich unerträglich wird.
Der Todeswunsch von Menschen, die durch Schmerzen, Schwäche und Hilflosigkeit in eine ausweglose Situation getrieben werden, ist ernst zu nehmen. Die Problematik muss ­offen und vor allem in gegenseitigem Respekt diskutiert werden.
Sackgrobe Polemik und billiger Sarkasmus sind da völlig unangebracht.