Replik auf Leserbrief von Marc Girard, Basel

Briefe / Mitteilungen
Édition
2018/24
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2018.06837
Bull Med Suisses. 2018;99(24):796

Publié le 13.06.2018

Replik auf den Leserbrief von Marc Girard, Basel

Lieber Herr Girard
Danke für Ihre Einschätzungen über die Stellung des Menschen im Kosmos. Einmal mehr wird Verhaltensänderung und neues Denken angemahnt. Das setzt Bewusstsein voraus. Ich erinnere mich an Aussagen wie «mein Auto fährt auch ohne Wald», und ich sehe oft, wie flammende Verzichtsappelle bei vollen Portemonnaies vor vollen Schaufenstern nutzlos verpuffen. Bei numismatisch begüterten, wohlstandsverwahrlosten Mitmenschen werden die Malediven gerne auch zweimal pro Jahr angeflogen. Das hemmungslos propagierte, oberheilige Wachstum (plus 90 000 Konsumenten und Produzenten jedes Jahr in der CH) hat uns neben dem Wohlstand auch geistig träge gemacht, muss aber bei begrenztem Raum und begrenzten Ressourcen naturgesetzlich bald an seine Grenzen kommen. Tausende von quälenden Indizien wollen uns zeigen, wie nahe wir diesen Grenzen schon sind, aber wir hören und sehen nicht hin. Schon Elias Canetti hat die Macht der gesichtslosen/gleichgeschalteten Masse beschrieben. Es gibt Politiker in unserem Land, die den ­bewusstseinstrübenden Konsummonster-Wohlstand noch mehren wollen, ungeachtet, dass die Titanic Kurs Eisberg fährt, Haupt­sache Wirtschaftswachstum, alles andere ist ­sekundär. Dieses zu Spezialisten passende Röhrenbild unseres Planeten wird die Erde und uns damit kaputtwachsen, wüu si absolut kei Hemmige hei u über Liiche göö.
Weltweit betrachtet ist dieses menschliche Wachsen (plus über 80 Mio. Menschen pro Jahr) natürlich der Ursprung aller übrigen Wachstumsbereiche, die dann endlos seit Jahrzehnten so ohnmächtig und hilflos bejammert und beklagt werden und mit stets ­insuffizienten und sicher nicht nachhaltigen Symptombekämpfungs-Massnähmchen angegangen werden. Aber in einem Jahr stehen schon wieder 80 Mio. mehr Menschen da, die auch einen Platz an der Sonne anstreben, was ihnen niemand verwehren kann oder darf. So ist es denn buchstäblich milliardenfach effi­zienter und nachhaltiger, die freiwillige Familienplanung zu fördern (ja, mit ö nicht mit o). Diese eigentliche Antithese zu den Massenvernichtungsmitteln ist einzigartig elegant friedensfördernd, armuts- und migrationshemmend, umwelt- und ressourcenschonend und gibt den pro Jahr 70 Mio. ungewollt schwangeren Frauen eine menschenwürdige Möglichkeit, sich aus dem tristen und un­endlich bitteren Gebärmaschinen-Alltag zu befreien. Tatsächlich, die von Ihnen erwähnte «Rückgewinnung des richtigen Mas­ses» heisst für mich bewusster leben und ein Bevölkerungswachstum von null anstreben, = 2-Kind-Familie fördern. Ganz konkret dies ist wohl die letzte «Quelle der Hoffnung», wie Sie so diffus anmerken. Damit hat auch Herr Bloch eine effiziente und endlich sehr konkrete Antwort. Let’s do it, auch unsere Kinder werden es uns danken.
Mit freundlichen Grüssen
Dr. med. Peter Meyer, Uitikon Waldegg