Impressionen vom jährlichen ENTOG Exchange und EBCOG Kongress, März 2018 in Frankreich

Ein exzellentes Beispiel für internationales Networking und Kooperation

Tribüne
Édition
2018/25
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2018.06759
Bull Med Suisses. 2018;99(25):846-848

Affiliations
a Dr. med., Assistenzärztin Frauenklinik UniversitätsSpital Zürich, Mitglied des Jungen Forum der SGGG; b Dr. med., Assistenzärztin Frauenklinik Kantons­spital Winterthur, Vorstandsmitglied des Jungen Forum der SGGG, Vorstandsmitglied des ENTOG

Publié le 20.06.2018

Im März 2018 fand der 27. Exchange des «European Network of Trainees in Obstetrics and Gynecology» (ENTOG) in Frankreich statt. Dieses jährliche Event für Assis­tenzärztinnen und -ärzte aus ganz Europa, ist ein exzellentes Beispiel für interna­tionales Networking und Kooperation. Neben den persönlichen und fachlichen Austauschmöglichkeiten sowie den nützlichen Weiterbildungsthemen am Kon­gress­tag, bietet der Austausch insbesondere durch eine dreitägige Hospitation, einmalige Einblicke in einen fremden Klinikalltag.

Résumé

Le 27e échange du «European Network of Trainees in Obstetrics and Gynecology» (ENTOG) a eu lieu en France en mars 2018. Cet événement annuel ouvert aux médecins-assistants de toute l’Europe est un excellent exemple de réseautage et de coopération internationaux. En plus des possibilités d’échanger au niveau personnel et professionnel et des thèmes de formation continue intéressants le jour du congrès, il offre des aperçus uniques du quotidien hospitalier à l’étranger, notamment par le biais d’une visite de trois jours.

ENTOG

Das «European Network of Trainees in Obstetrics and Gynaecology» [1] ist eine unabhängige Non-profit-­Organisation für und von Assistenzärztinnen und -ärzten aus Gynäkologie und Geburtshilfe. Sie kollaboriert in enger Zusammenarbeit mit dem «European Board and College of Obstetrics and Gynaecology» (EBCOG) [2] und vertritt die Interessen der Assistenzärzte und -ärztinnen. Das ­ENTOG wurde 1997 gegründet und hat als Ziel, die ­Frauengesundheit in Europa zu stärken. Die Organisation erstrebt die Harmonisierung und Optimierung der Facharztausbildung, um europaweit einheitlich hohe Standards in der Patientenversorgung zu erreichen. Aktuell hat das ENTOG 32 Mitgliedsländer innerhalb Europas und die Schweiz ist seit 2017 durch das «Junge Forum der Schweizer Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe» (SGGG) dort vertreten [3].
Europäische Assistenzärztinnen, Hospitation Marseille.

EXCHANGE 2018

Das ENTOG organisiert ein jährliches Exchange-Programm mit einem eintägigen Weiterbildungskongress im Anschluss. Dies erfolgt unter Zuständigkeit des EBCOG und jedes zweite Jahr wird der ENTOG-Exchange mit dem EBCOG-Kongress kombiniert gehalten.
Nach einem erfolgreichen Austausch in Slowenien 2017, wo die Schweiz nach ihrer Kandidatur in die Mitgliedstaaten aufgenommen wurde, fand der diesjährige Kongress in Frankreich statt. Pro Land wurden nach Bewerbung maximal zwei Assistenzärzte/-ärztinnen zur Teilnahme am Exchange-Programm ausgewählt. Die insgesamt 49 Teilnehmer aus 25 Ländern wurden in drei Gruppen aufgeteilt, welche in Lille, Paris und Marseille von den französischen Kollegen empfangen und beherbergt wurden. Während drei Tagen wurden die internationalen Teilnehmer in Kleingruppen in den französischen Klinikalltag inte­griert. Nach dem morgendlichen Rapport wurden die französischen «Internes» dann jeweils in der Notfallstation, im Gebärsaal und im Operationssaal begleitet. Das abendliche «Social Programm» bot die Gelegenheit zum Austausch und zu angeregten Diskussionen über die unterschiedlichen klinischen Abläufe, die verschiedenen Curricula zur Facharztausbildung und die Besonderheiten des Gesundheitswesens der einzelnen Länder [4].
Europäische Assistenzärztinnen und -ärzte, ­Hospitation Lille.
Am vierten Programmtag trafen sich alle Gruppen zum Weiterbildungskongress in Paris. Neben theore­tischen und praktischen Übungen zum Thema «postpartale Hämorrhagie» hielten der renommierte Professor Fedde Scheele und seine Mitarbeiter aus den Niederlanden Workshops zu den Themen «Negotiation skills» und «Entrustment and Independent Skills».
Der nächste ENTOG-Exchange wird im Mai 2019 in Polen stattfinden. Die Anmeldung findet nach einer Ausschreibung über das Junge Forum der SGGG im Herbst 2018 statt. Eine Voraussetzung der Teilnahme ist die Mitgliedschaft im Jungen Forum, wobei man sich ganz einfach online registrieren kann [5].

Projekte und Aktivitäten

Auf Grund des Erfolges des bisherigen jährlichen ­Exchange-Programmes startet das ENTOG gerade das ­Pilotprojekt «one2one exchange». Dabei handelt es sich um eine Plattform für europaweite Hospitationen, in der sich die Assistenzärzte als Gäste oder als Gastgeber bewerben können. Ziel ist es, den internationalen Austausch durch flexible, individuelle, 1–4-wöchige Auslandsaufenthalte noch weiter zu fördern [6].
Mit finanzieller Unterstützung des EBCOG werden jährlich auch drei Fellowships verliehen, welche ein dreimonatiges Praktikum in einem ausländischen Ausbildungszentrum ermöglichen. Erfreulicherweise empfängt das Universitätsspital Basel 2018 eine ungarische Assistenzärztin.
Um international einheitlich hohe Standards im Gesundheitswesen zu erreichen, spielt die Facharztausbildung eine wichtige Rolle. Im «Project for Achieving Consensus in Training» oder EBCOG-PACT, welches 2015 durch die EBCOG initiiert wurde, wird aktuell an der Entwicklung eines pan-europäischen Curriculums gearbeitet. Dabei wird eine internationale Harmonisierung der Facharztausbildung in Gynäkologie und Geburtshilfe erzielt. Langfristig soll damit europaweit eine Erleichterung der Mobilität und Kollaboration ­ermöglicht und somit eine maximale Qualität in der Patientenversorgung erreicht werden [7].
Präsident der EBCOG Jacky Nizard, ­EBCOG ­Kongress.

Zusammen mehr erreichen

Dieser Erfahrungsbericht beschreibt zwar lediglich die Projekte und Aktivitäten des Fachverbandes Gynäkologie und Geburtshilfe, jedoch sind internationaler Austausch und Harmonisierung der Ausbildung zur Optimierung der Versorgungsqualität in jeder Fachrichtung vorteilhaft und wichtig.
Neuer Vorstand des ENTOG: V. Dvorak, E. Topcu, A. Horala, M. Favero, J. Klanjscek.
Im Fachbereich Innere Medizin zum Beispiel ermöglicht die «European Federation of Internal Medicine» (EFIM) den jungen Assistenzärzten eine individuelle, einmonatige Hospitation in einem der registrierten Exchange-Centres [8]. Allerdings ist die Schweiz bis dato noch kein Mitglied als Gastgeberland. Auch im Fachbereich Anästhesiologie bietet die «European ­society of Anesthesiology» (ESA) ein individuelles, dreimonatiges Austauschprogramm in einem der registrierten Host-Centres an, wobei auch hier die Eidgenossenschaft noch kein Mitglied ist [9]. Speziell für die Schweiz, ­einem kleinem Land mit grossen Ressourcen, jedoch im Vergleich zu unseren europäischen Nachbaren, eher kleiner Versorgungspopulation und weniger Fallzahlen, ist ein Einblick in fremde klinische Abläufe und Interventionen besonders bereichernd.
Natürlich sind die oben genannten Austauschprogramme nicht einer «Postgraduate Fellowship» gleichzustellen, wo nach Erhalten des Facharzttitels be­sonders die praktische Tätigkeit und das Erlernen spezifischer Skills im Vordergrund steht. Jedoch fördern auch kurze Hospitationen bereits im Laufe der Facharztausbildung nicht nur den persönlichen und fachlichen Austausch, sondern ermöglichen auch das frühzeitige Knüpfen von internationalen Kontakten und erleichtern neben der Mobilität auch die Zusammenarbeit bei Forschungsprojekten.
Ziel dieses Artikels ist es zum einen, junge Assistenz­ärzte/-ärztinnen auf ihre Fachverbände und deren Austauschangebote aufmerksam zu machen. Zum andern sollen hiermit die Fachverbände selbst zur Weiterentwicklung von europäischen Austauschplattformen und zur Teilnahme an internationalen Projekten animiert werden. Nicht zuletzt richtet sich dieser Bericht auch an die ärztlichen Leiterinnen und Leiter der Schweizer Kliniken, um diese für die Unterstützung von europäischer Mobilität während der Facharztausbildung zu sensibilisieren.
Wir freuen uns über Fragen und Feedbacks und sind per E-Mail erreichbar (siehe Korrespondenzadresse).
Dr. med. Martine Favero
martine.favero[at]jfor.ch
oder
jfor[at]sggg.ch
4 Rippinger N, et al. European Network of Trainees in Obstetrics and Gynaecology-ENTOG Exchange 2017: an experience report from Slovenia outlining the different trainee situations around Europe. Arch Gynecol Obstet., 2018;297(4):815–9. doi: 10.1007/s00404-018-4666-z. Epub 2018 Jan 18.
7 Eur J Obstet Gynecol Reprod Biol. 2016 Aug;203:229-31. doi: 10.1016/j.ejogrb.2016.05.020. Epub 2016 Jun 18.