Selbstbestimmung am Lebensende ist ein Grundrecht

Briefe / Mitteilungen
Édition
2018/15
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2018.06625
Bull Med Suisses. 2018;99(15):477

Publié le 11.04.2018

Selbstbestimmung am Lebensende ist ein Grundrecht

Zuerst möchte ich Herrn Kollege Frank Achermann, Luzern, zu seinem Beitrag «Selbstbestimmtes Sterben: Sicht des Betroffenen» gratulieren.
Aus meiner Sicht möchte ich folgendes hinzufügen: Die Diskussion über die individuelle Selbstbestimmung am individuellen Lebensende zeigt exemplarisch auf, wie schwer es den meisten Menschen, und natürlich auch uns Ärzten, fällt, sich in die individuelle Welt und Sichtweise unserer Mitmenschen und unserer Patienten hineinzuversetzen und Ihnen Ihre individuelle Sicht und Selbstbestimmung zuzugestehen.
Unbequeme Fragen und die Auseinandersetzung mit zentralen Fragen wie individueller Freiheit, Toleranz und Respekt lassen sich bequem umgehen, wenn man sich hinter einer Position von «Experten» wie z.B. der Schweiz. Akademie der Medizin. Wissenschaften (SAMW) verstecken kann.
Doch genau damit werden wir anmassend elitär. Wir wissen es vermeintlich besser und wir können uns pseudo-legitimiert über die Ansichten und die berechtigten Wünsche und Ansichten der «normalen» Individuen hinwegsetzen.
Genau dieses Prinzip wenden natürlich auch andere Eliten an, um den Normalsterblichen die Welt zu erklären. Doch dieses Prinzip schafft Konflikte und wird sich früher oder später auch gegen uns selbst wenden.
Bei fachspezifischen Fragen sind naturgemäss meistens die Spezialisten im Vorteil.
Nicht aber bei Fragen der Ethik und der allgemeinen Moral zur Selbstbestimmung am individuellen Lebensende. Hier sollte der leidende Mensch allein im Zentrum stehen. Hier geht es einzig und allein um sein Leben und die Entscheidung über sein eigenes Leben ist sein Grundrecht.
Wenn ich ein Leben lang die Selbstbestimmung ausüben darf, mir eine Pistole zu kaufen und meinem Leben ein Ende zu setzen, dann darf mir die gewaltlose Selbstbestimmung am Lebensende nicht vorenthalten werden.