Courrier / Communications
Durch Patienten selbst verursachte Kosten – nicht bei Übergewicht!
Durch Patienten selbst verursachte Kosten – nicht bei Übergewicht!
Brief zu: Kühni M. Durch Patienten selbst verursachte Kosten. Schweiz Ärztezeitung. 2018;99(5):141–2.
Sehr geehrter Herr Kollege Kühni
Bezugnehmend auf Ihre am 31.1.2018 veröffentlichten Anregungen zu Einsparungen im schweizerischen Gesundheitswesen an Kosten, die durch den Patienten selbst verursacht werden, ist Ihnen in einem Punkt klar zu widersprechen:
Bei Adipositas/Übergewicht sollen die Patienten alle 2 Jahre gewogen werden und es sei dementsprechend ihre Prämie der Krankenkasse zu berechnen.
Dafür gibt es aus wissenschaftlicher Sicht keine sachliche Grundlage: der Energiestoffwechsel des Menschen ist genetisch determiniert, Wissenschaftler haben genug Grundlagen und Studien dazu geliefert, dass Übergewicht durch eine ungünstige «obesogene» Umwelt mitbedingt ist (s. Tim Lobstein 2004). So ist es heuchlerisch, einerseits zu wissen, dass fette und süsse Nahrungsmittel ein Suchtverhalten auslösen, aber dennoch Fettes, Süsses und industriell verarbeitetes Essen anzubieten und dann an die Mündigkeit des Schweizer Bürgers zu appellieren! Aus der Geschichte wissen wir, dass die Adipositas-Epidemie kein individuelles Versagen ist, sondern Ausdruck einer gesellschaftlichen Entwicklung (Früher gab es keine Adipositas-Epidemie!), in der zum Glück die Schweiz noch eine relativ gute Position innehält.
Es macht keinen Sinn, die Betroffenen weiter zu stigmatisieren! Ich möchte also anregen, dass wir die obesogenen Umweltfaktoren senken, z.B. durch mehr Schulsport und Förderung von günstiger Nahrung und Stressreduktion. Jeder Bürger hat ein Recht auf angemessene Behandlung seiner Krankheiten, zu denen die Adipositas zählt.
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