Die Gesundheit als käufliches Gut

Briefe / Mitteilungen
Édition
2017/46
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2017.06186
Bull Med Suisses. 2017;98(46):1539

Publié le 15.11.2017

Die Gesundheit als käufliches Gut

Brief zu: Iff H. Wir Gesundheitsverkäufer. Schweiz Ärztezeitung. 2017;98(42):1379–81.
Ich möchte Ihnen gratulieren zum hervor­ragend geschriebenen Artikel «Wir Gesundheitsverkäufer», der sehr wichtige Aspekte für die aktuelle Debatte der steigenden Gesundheitskosten aufbringt. Ich gehe mit Ihnen ganz einig, dass in unserer Tätigkeit die Krankheit im Mittelpunkt stehen soll. Ein wesentlicher Bestandteil unserer Arbeit wird immer sein, mit Einfühlungsvermögen Leid zu mindern, wo es möglich ist, und am Schicksal eines Menschen Anteil zu nehmen und eine Lösung für sein individuelles Problem zu erarbeiten. Dies braucht Zeit und kann (meistens) nicht innerhalb von 20 Minuten erledigt werden, wie es Bundesrat Berset vorsieht. Menschen suchen in der Regel nicht den Arzt auf, weil sie «etwas Gesundheit» haben möchten, sondern weil sie ein Symptom wie zum Beispiel Schmerzen, Husten oder Unwohlsein plagt. Die Angst und Not – oder die Sorge um ihr Kind – führt die Menschen zum Arzt oder in die Notfallstation, da geht es nicht um eine «freie Wahl». Die Privatisierung und Ökonomisierung hat inzwischen unser ganzes Leben – inklusive unser Gesundheitswesen – erfasst und es wird überall Effizienzsteigerung und Gewinnmaximierung angestrebt. So wurden in den letzten Jahrzehnten aus sozial tätigen Spitälern teilprivatisierte, gewinnbringende Unternehmen, die nur noch nach ökonomischen Prinzipien funktionieren sollen. Das Gesundheitswesen verkommt immer mehr zu einem Gesundheits-Markt, wo viele nicht mehr nur ihren Lebensunterhalt verdienen, sondern einen maximalen Gewinn herausholen möchten. Diese Problematik hat der Medizinethiker Professor Giovanni Maio in seinem Buch «Geschäftsmodell Gesundheit – wie der Markt die Heilkunst abschafft» sehr treffend beschrieben: «Ein Gesundheitswesen ist Teil des Sozialsystems unserer Gesellschaft. Ein Teil unseres Reichtums wird in das Gesundheitswesen investiert, zum Wohl aller. Eine Gesundheitsindustrie hingegen ist Teil des Wirtschaftssystems. Kapitaleigner investieren in diese Gesundheitsindustrie, und sie erwarten eine Rendite, zum Wohle weniger. Beides kann man gleichzeitig nicht haben, denn die Ziele dieser beiden Systeme widersprechen sich fundamental.» Ich denke, es ist an der Zeit, dass wir Ärzte dies vermehrt in der Öffentlichkeit zur Sprache bringen.