Altbekannte Vorwürfe

Briefe / Mitteilungen
Édition
2017/25
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2017.05771
Bull Med Suisses. 2017;98(25):812–813

Publié le 21.06.2017

Altbekannte Vorwürfe

Brief zu: Romanens M, Kurth F. Problematischer Umgang 
mit den Daten der Versicherten. Schweiz Ärztezeitung. 2017;98(21–22):703–6.
Kritische Diskussionen sind ein wichtiger ­Motor in der Entwicklung der Wissenschaft. Kritische Streit-Diskussionen haben auch schon zu herausragenden Werken der Welt-­Literatur geführt, so zum Beispiel bei Lessings Nathan dem Weisen. Daneben gibt es allerdings Diskussionen über Fake News, die schlicht keinerlei Erkenntnisgewinn bringen. Michel Romanens und Flavian Kurth wiederholen in der SÄZ [1] einmal mehr ihre altbekannten Vorwürfe, gegen die wir uns bereits per Mail und in einem NZZ-Leserbrief zur Wehr gesetzt haben [2]. Weder die gebetsmühlenartige Wiederholung noch ihr polemischer Stil machen die Vorwürfe zutreffender.
Romanens und Kurth werfen uns in ihrem ­Artikel vor, «Kaffeesatz zu lesen» statt Wissenschaft zu betreiben. Zuerst möchten wir erwähnen, dass unsere von Romanens und Kurth zitierte Studie [3] in einer der beiden weltweit renommiertesten Gesundheitsökonomie-Zeitschriften publiziert wurde und ­somit ein Peer-Review-Verfahren durchlaufen hat. Dies trifft auf die von Romanens und Kurth in ihrem Artikel gemachten Behauptungen wohl nicht zu. Sind doch zumindest diejenigen zu unserem Artikel schlicht falsch. So behaupten Romanens und Kurth, dass wir die Kosten beim Verlassen des Managed-Care-Modells und nicht danach untersuchen. In Wirklichkeit machen wir beides (Table A 3 und A 4). So wird aus Tabelle A 3 klar ersichtlich, dass – entgegen Romanens und Kurths Behauptung – Versicherte, die aus einem HMO-Modell zurück in ein anderes Modell wechseln, in den zwei Jahren nach Austritt keine höheren Kosten ausweisen. Von systematischer Unterversorgung in HMO-Modellen kann also keine Rede sein.
Unsere Forschung wird zudem nicht aus OKP-Geldern, wie Romanens und Kurth fälschlicherweise beanstanden, sondern aus diversen anderen Quellen finanziert, wie in unserem Jahresbericht nachgelesen werden kann.
Besonders befremdend wirkt jedoch die aus der Luft gegriffene Behauptung, Forschungsresultate der Krankenversicherer müssten zwangsläufig zum Nachweis von Kosteneinsparungen bei Managed-Care-Modellen führen. Zu welchem Zweck soll sich der Krankenversicherer hier selber belügen? Wenn her­aus­käme, dass Managed Care zu keinen echten Einsparungen führt, dann würde die Branche relativ sang- und klanglos diese Ver­sicherungszweige schliessen. Die Zweige würden sich ­automatisch leeren, weil die Prä­mien­rabatte auf null Prozent gesetzt würden. Kein Versicherer hätte ein Interesse daran, Managed-Care-Versicherte massiv und über Jahrzehnte hinweg quer zu subventionieren.
Wie gesagt: Wir begrüssen den kritischen Einwand, sind es aber leid, zu den immer gleichen, haltlosen Vorwürfen klärend Stellung nehmen zu müssen.