Choosing wisely – brauchen wir das?

Briefe / Mitteilungen
Édition
2017/07
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2017.05405
Bull Med Suisses. 2017;98(07):214

Publié le 15.02.2017

«Choosing wisely» – brauchen 
wir das?

Brief zu: Gerber M, Kraft E, Bosshard C. Grundlagenpapier 
der DDQ/SAQM: «Choosing Wisely» – für weniger unnötige Leistungen. Schweiz Ärztezeitung. 2017;98(5):140–3.
Zentralvorstand der FMH. Die Position der FMH: «Choosing Wisely»: Weniger Leistungen für mehr Nutzen. Schweiz Ärztezeitung. 2017;98(5):144–5.
In der Ausgabe Nr. 5 unserer Ärztezeitung wird eine Aktion «Choosing wisely» propagiert und werden Studien gefordert über deren Wirksamkeit, im Klartext: Kosteneinsparung in der Medizin. Sie will mit einem 5-Punkte-Programm unnötige Untersuchungen in weiser Weise verhindern.
Der Hausarzt jedoch braucht keine Anleitung mit Top-5-Listen, um Overuse und Overcare zu vermeiden, denn das ist sein täglich Brot: «Bauchweh – Blinddarm; Brustschmerz – Herzinfarkt», damit meldet sich der Google-aufgeklärte Patient. Dem Hausarzt obliegt es, die NEIN-Diagnose zu stellen: Spitaleinweisung ist nicht nötig, gehen Sie nach Hause und machen einen Wickel!
Was fehlt: Studien über die enorme Kosteneinsparung der Hausarztmedizin durch diese NEIN-Diagnosen. Hier läge ein weites Feld zu beackern durch die akademisch installierte Hausarztmedizin.
Was es braucht: mehr Schutz bei Klagen «etwas nicht getan» zu haben, Schutz in der heutigen juristischen Welt, in welcher hausärztliche und auch klinische Medizin fast nackt da­stehen.
Denn: für «Choosing wisely», die im Nach­hinein vielleicht einmal nicht weise war, braucht es unabdingbar Risikofreudigkeit, die bedroht ist durch Anklage «man hätte sollen», mit ­juristischen Folgen.
Der unvergessliche Kliniker Prof. Wilhelm Löffler hat es so formuliert: «Wer zwanzig Jahre Hausarzt war und nie eine appendicitis übersehen hat, war ein schlechter Arzt.»
Begraben wir die amerikanische «Choosing wisely»-Kampagne des American Board of ­Internal Medicine, gestartet im Jahr 2012, in der Vor-Trump-Ära, als alles «von drüben» noch sakrosankt war – sie kostet viel Geld und bringt nichts.