Nebeneffekt einer Woche Akutspital bei einem 80-jährigen Patienten

Briefe / Mitteilungen
Édition
2017/07
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2017.05372
Bull Med Suisses. 2017;98(07):215

Publié le 15.02.2017

Nebeneffekte einer Woche Akutspital bei einem 80-jährigen Patienten

Als pensionierter Arzt, 30 Jahre in einer Praxis tätig, hatte ich Gelegenheit, von aussen eine Notfalleinweisung einer älteren, gesunden, noch rüstigen und alleinstehenden Dame zu beobachten.
Nach einem nächtlichen Sturz, kein Trauma, kurze Absenz, vermutlich Unwohlsein, erfolgte durch die Nachbarn eine notfall­mässige Einweisung in ein Akutspital. Einen Hausarzt hatte die Patientin nicht mehr. Am folgenden Morgen ist die Patientin beschwerdefrei, guten Muts und nimmt ihr Frühstück im Zimmer.
Vermutlich hätte hier die Entlassung einge­leitet und die Patientin ambulant weiter beobachtet und abgeklärt werden sollen. Aber das Spital wollte «sicher» sein. Eine Woche kardiologische, neurologische, CT- und MRI-Abklärung ohne pathologischen Befund.
Während der Hospitalisation regrediert die Patientin, die zunehmend aus dem Rhythmus geworfen ist, nur im Bett zu immer neuen ­Untersuchungen hin- und hergeschoben wird. Es werden vom Spital aus keine Anstren­gungen gemacht, die Patientin zu selbständigen Handlungen aufzufordern (Kaffeebesuch, Haarewaschen usw.). Im Bett liegen und warten ist angesagt.
Schliesslich erfolgt die Entlassung der Patientin in ein Pflegeheim zur Rehabilitation.
Schlussüberlegungen: 
War das eine Überarztung?
Haben die Spi­talärzte Angst, dass nach der Entlassung anderswo eine seltene Erkrankung diagnostiziert werden könnte?
Welche Rolle spielen die freien Kapazitäten 
im Spital, Bettenbelegung, Amortisation von Geräten?
Ist die Rehabilitation im Pflegeheim wegen der Bettliegephase in der Hospitalisation nötig geworden oder ist sie Folge des Sturzes?
Hätte der praktizierende Hausarzt hier einen Riesenaufwand und viele Kosten erspart?