Seit wann ist ein Psychiater kein Arzt?

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Édition
2023/18
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2023.21782
Bull Med Suisses. 2023;104(18):22

Publié le 03.05.2023

Es wird in dem Artikel über einen Arzt berichtet, der Bücher schreibt, in denen er aus seinen Erfahrungen als Psychiater schöpft. Der Werdegang wird beschrieben, er habe eine Ausbildung in Innerer Medizin und danach noch den Facharzttitel für Psychiatrie und Psychotherapie absolviert. Im ersten Satz «In seinem Roman … hat sich der Arzt und Psychiater…» wird impliziert, dass ein Psychiater also kein Arzt sei. Oder würde es Ihnen denn in den Sinn kommen zu schreiben der Arzt und Gynäkologe? In der im letzten Heft publizierten Ärztestatistik wurde erneut klar, dass es zu wenig Nachwuchs in der Psychiatrie gibt. Was hat das Eine mit dem Andern zu tun? Psychiater sind Ärzte und diese Wahrnehmung hat mit der Attraktivität unseres Fachs wesentlich zu tun. Wenn nun sogar unsere eigene Zeitung als offizielles Organ dies negiert, ist das nur empörend. Die Psychiatrie ist nach der Hausarztmedizin die zweitgrösste Facharztgruppe, wie aber die Kohorte der Hausärzte, ist unsere auch überaltert. Wir brauchen dringend Nachwuchs, denn entgegen der landläufigen Meinung sind psychologische Psychotherapeuten kein gleichwertiger Ersatz für einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Wir alle brauchen die gegenseitige Wertschätzung gerade auch unserer Berufskollegen. Ich bin froh, diese oft in der gemeinsamen Patientenbetreuung von meinen Hausarztkollegen zu spüren und ich hoffe auch diese genügend zurückzugeben. Also liebe Redaktion und Arztkollegen, lasst uns dies gegenseitig beherzigen und im Alltag leben.
Dr. med. Susanne Hausmann, Bern