Wer ist für Ventolin Dosier-Aerosol verantwortlich? (mit Replik)

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Édition
2023/16
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2023.21751
Bull Med Suisses. 2023;(16):0-19

Publié le 19.04.2023

Nach einer einfachen, fieberlosen Erkältung überfiel mich nachts ein unstillbarer Reizhusten, den ich für 1-2 Stunden mit einem Antitussivum beherrschen konnte. Nein, so etwas brauche ich nicht mehr. Ich erinnerte mich, dass dagegen ein Beta-Stimulator geeignet ist, und sogar, dass vor Jahren der Inhalator mit einem umweltschädlichen FCKW durch eine Form ohne ihn ersetzt wurde.
Als ich schnell vor der Abfahrt meines Zuges in die Apotheke ging, war ich überrascht, dass ich ein spottbilliges (etwas über 8 Franken) Ventolin Dosier-Aerosol erhalten habe, und es ist (noch immer!?) durch ein FCKW angetrieben.
Ich dachte, inzwischen wurde die Umweltharmlosigkeit der FCKWs nachgewiesen – nichts dergleichen! Ist Swissmedic für diese Nachlässigkeit verantwortlich? Haben es, wie ich, die Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz, denen ich mich verbunden fühle, nicht bemerkt?
Dr. med. Peter Marko, St. Gallen

Replik auf «Wer ist für Ventolin Dosier-Aerosol verantwortlich?»

Werter Kollege Peter Marko
Doch, wir von den Ärztinnen und Ärzten für Umweltschutz (AefU) haben sehr wohl bemerkt, dass Dosier-Aerosole (wie zum Beispiel Ventolin DA) immer noch klimaschädigende Treibgase enthalten. Wir haben darüber nach einer intensiven Recherche in unserer Fachzeitschrift Oekoskop 1/22 berichtet [1]. In einem separaten Artikel konnten wir diese Resultate und auch die Vorschläge für geeignete Alternativen in der Schweizerischen Ärztezeitung vorstellen [2]. Nach einem Verbot der früher als Treibgas verwendeten FCKW wurden diese in den 2000er Jahren in Dosier-Aerosolen durch Apafluran und Norfluran (wie bei Ventolin) ersetzt. Die ausgeprägte Klimawirksamkeit dieser Gase wurde dabei nicht beachtet. Gemäss unseren Abklärungen wurden im Jahr 2019 in der Schweiz 900 000 solcher DA mit klimaaktiven Treibhausgasen verschrieben/verwendet, was einem Äquivalent von 20 000 Tonnen CO entspricht.
Wir von der AefU fordern, dass diese Dosier-Aerosole so rasch als möglich durch geeignete Ersatzprodukte (wie etwa Pulverinhalatoren) ersetzt werden. Dabei sind die Politik, die Verwaltung (BAFU und BAG), Swissmedic, aber auch wir verschreibende Ärztinnen und Ärzte und auch die Apotheken (wie in Ihrem Fall) gefragt. Es gibt praktisch kein DA-Präparat, das nicht ohne Nachteil für die Patientinnen und Patienten durch Produkte ohne Treibhausgase ersetzt werden könnte.
Beste Medizin für uns und fürs Klima!
Dr. med. Bernhard Aufdereggen, Präsident AefU
1 https://www.aefu.ch/fileadmin/user_upload/aefu-data/b_documents/oekoskop/Oekoskop_22_1_DS.pdf
2 https://saez.ch/article/doi/saez.2022.20757