Konsiliarische Mitbeurteilung nötig

Briefe an die Redaktion
Édition
2023/13
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2023.21654
Bull Med Suisses. 2023;104(13):20

Publié le 29.03.2023

Konsiliarische Mitbeurteilung nötig

Wenn ein Leader Paranoia hat, während andere Funktionen einigermassen intakt sind, kann er lange in der Machtposition bleiben. Kindheitstraumata sind mit psychiatrischen Symptomen einschliesslich Verfolgungswahn assoziiert. Eine körperliche Misshandlung von Kindern in Familien und Mobbing in Schulen sind bekannte Probleme in Russland, sie werden oft von Lehrern, Behörden und der Gesellschaft toleriert. Beide Faktoren waren in der Biografie von Wladimir Putin vorhanden. Sein Ausspruch «Wenn ein Kampf [vermeintlich] unvermeidlich ist, muss man zuerst schlagen» kann eine Spur jugendlicher Verhaltensweisen bei Verteidigung gegen Bullies sein, vermutlich im Zusammenhang mit einer generationsübergreifenden traumatischen Kette [1]. Angesichts der fortschreitenden Zerstörung der ukrainischen Infrastruktur könnte Putin von der Idee besessen sein, dass die «Entnazifizierung» durch umfangreiche Verwüstungen erreicht werden kann; andernfalls kann der Phönix aus der Asche auferstehen [2]. Laut Psychoanalytikern ist Putins Entnazifizierungsphantasma ein Teil verstrickter Erinnerungen an das, was er über den Zweiten Weltkrieg gehört hat. Dabei will er ein neuer Stalin werden, indem er dessen unvollendete Aufgabe der Eroberung Europas erfülle [3]. Mehr Details sind im [4]. Darüber hinaus ist Scham mit psychiatrischen Symptomen einschliesslich Paranoia assoziiert. Es gibt Gründe, sich in heutigem Russland zu schämen, was sich summarisch in der niedrigen Lebenserwartung widerspiegelt. Ausgewählte medizinische Themen wurden zuvor überblickt [5]. Psychiatrische Begutachtungen und Konsilien zu diesem Thema sind notwendig.
Dr. med. Sergei Jargin, Moskau