Nukleare Bedrohung – hätte ich früher aktiv werden sollen?

Briefe an die Redaktion
Édition
2023/13
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2023.21610
Bull Med Suisses. 2023;104(13):20

Publié le 29.03.2023

Nukleare Bedrohung – hätte ich früher aktiv werden sollen?

Am 22. Februar lasen wir, dass Putin den nuklearen Abrüstungsvertrag mit den USA sistiert hat. Keine Verhandlungen! Entschlossen informierte er auch die russische Bevölkerung, dass es nur einen Sieg für Russland geben könne. Nimmt die Gefahr für eine nukleare Katastrophe zu?
Am Ende meines Studiums war ich besorgt wegen der Gefahr eines nuklearen Konfliktes. Während des Staatsexamens bin ich deswegen der internationalen Vereinigung Physicians for social responsibility (PSR/IPPNW) beigetreten. Dies aus Überzeugung, dass der kommenden Ärztegeneration, in die wir hineinwuchsen, eine wichtige Rolle zugeteilt wird. Als Ärztinnen und Ärzte sollen wir – in allen Ländern – eine wichtige Stimme erheben. Die Organisation fand in meiner Generation breite Unterstützung. Die Diskussion um die Notwendigkeit einer globalen nuklearen Abrüstung wurde aktiv geführt. Ja, wenig später, 1985 wurden die intensiven Anstrengungen der PSR/IPPNW mit der Vergabe des Friedesnobelpreises belohnt.
Doch dann habe ich mich anderen beruflichen Aufgaben gewidmet. Die nukleare Bedrohung war plötzlich kein Thema mehr. Ich habe zwar meinen Jahresbeitrag beigesteuert, aber wirklich aktiv wurde ich nie mehr im Thema. Und nun das. Vielleicht hätten wir Medizinerinnen und Mediziner dieses Thema auch nach Verleihung des Nobelpreises doch noch etwas aktiver behandeln müssen. Ist es heute zu spät? Ich hoffe nicht. Wie damals während des Staatsexamens bin ich auch heute noch überzeugt, dass wir Ärztinnen und Ärzte bei solchen Themen noch immer eine wichtige Stimme in der Bevölkerung darstellen. Und auch wenn wir wüssten, dass morgen der Atomkrieg ausbrechen sollte, lasst uns doch heute ein Zeichen setzen. Setzen wir uns gemeinsam wieder dafür ein, dass ein nuklearer Krieg verhindert wird. Treten auch Sie heute noch der Organisation bei, liebe Leserin, lieber Leser. Es ist einfach, ein Klick genügt, um ein Zeichen zu setzen: https://www.ippnw.ch/psr-ippnw/mitglied-werden/
Prof. em. Dr. med. Pietro Vernazza, St. Gallen