Work-Life Balance schützt die physische und mentale Gesundheit

Briefe an die Redaktion
Édition
2023/10
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2023.21571
Bull Med Suisses. 2023;104(10):27

Publié le 08.03.2023

Work-Life Balance schützt die physische und mentale Gesundheit

Lieber Herr Prof. Fey
Nicht alle, die den Arztberuf ausüben, streben eine Professur an und noch weniger erreichen dieses Ziel, wie Sie es schafften, auch tatsächlich. Wer Professorin oder Professor werden will, muss bereit sein, auf vieles zu verzichten und im besten Fall ist dieser Verzicht wenig störend, weil die Freude am Beruf antreibt. Man darf dabei jedoch nicht von sich selbst auf die gesamte Ärzteschaft schliessen und wer dieses Opfer zu bringen nicht bereit ist, als des Arztberufes nicht würdig erachten.
Retrospektiv blicken Sie gegen Ende Ihrer sehr gelungenen Karriere mit mehr Wohlwollen und Toleranz auf Ihren (zeit)intensiven Arbeitseinstieg zurück, während die, welche eben erst mittendrin sind, ihren Wunsch nach einer ausgeglichenen Work-Life-Balance kundtun.
Wer noch andere nicht berufliche Interessen und Ziele verfolgt, ist deswegen keine schlechtere Ärztin oder Arzt. Genau diese «wir mussten da früher auch durch»-Haltung ist toxisch und führt bei vielen, die gerne Ärztin oder Arzt sind, jedoch an der Arbeitslast ausbrennen, zu Insuffizienzgefühlen und dem Gefühl, sich im falschen Beruf zu befinden. Dabei ginge es auch anders. Schliesslich kann durch ausserberufliche Tätigkeiten auch die Arbeit am Patienten profitieren, durch die dadurch erhöhte Ausgeglichenheit, durch soziale Interaktionen und das Schulen nicht fachlicher Kompetenzen.
Ich stimme Ihnen absolut zu, dass längere Arbeitszeiten und mehr Erfahrungsgewinn miteinander korrelieren. Möglicherweise bestand jedoch früher die Arbeitszeit aus sinngebenderen Tätigkeiten als heute, wo doch vor allem der administrative Teil der Arbeit, welcher in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat, als belastend empfunden wird.
Stellen Sie sich vor, alle Ärztinnen und Ärzte, welche nicht bereit sind, ihr Leben ganz der Arbeit zu verschreiben, wechselten zu einer anderen Tätigkeit, weil sie den «Anforderungen des Berufes nicht gerecht» werden. Das Gesundheitssystem würde zusammenbrechen, denn auch der Teil der Ärzteschaft, welcher die vermeintlichen Anforderungen erfüllt, könnte diese Last nicht tragen. Sollten wir da nicht zuhören, welche Bedürfnisse die Generation Z hat, zugunsten der Patientenversorgung und des Wohls unserer Berufskolleginnen und -kollegen?
Tamara Kellerhals, Assistenzärztin Innere Medizin, Altdorf