Digitale Assistenten? Lieber nicht!

Briefe an die Redaktion
Édition
2023/07
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2023.21530
Bull Med Suisses. 2023;104(07):20

Publié le 15.02.2023

Digitale Assistenten? Lieber nicht!

In Spitälern ist es schwierig, unbeobachtet ärztliche Gespräche mit Patientinnen oder Patienten zu führen. Es ist zwar hilfreich, wenn Angehörige bei der Aufnahme der Anamnese für ergänzende Auskünfte präsent sind und lehrreich, wenn Mitglieder des Teams lernen, wie gegenseitiges Vertrauen gewonnen werden kann. Sobald aber Mithörer und Augenzeugen die Zweisamkeit stören, werden wichtigste Informationen schamhaft verschwiegen. Bestenfalls werden sie bei einer «Bettmümpfelivisite» mit nur vier Augen und Ohren doch noch aufgedeckt.
Digitale Assistenten wären eine Entwicklung, in der wir nicht voranrennen sollten. Schon lange wird ja das ärztliche Gespräch durch ständiges Starren und Eintippen auf den PC gestört, wie es ANNA mit der Karikatur «Hier bin ich!» [1] treffend festgehalten hat. Kämen als störende Unterbrechungen inskünftig auch noch Ratschläge eines digitalen Lauschers hinzu, ginge der Wert jeder Anamnese als vertrauliche Begegnung definitiv verloren.
PS: Chefarzt Wunderlich im Spital Faido hatte schon 1986 via radio-schweiz Zugang zur MEDLINE Datenbank in den USA. Ein simpler ATARI-Telefonanschluss wurde auch in unserem Landspital rund um die Uhr zum digitalen Assistenten, zum beliebten DATASTAR, der diagnostische und therapeutische Fragen durch gezielte Literaturangaben oft sofort klärte, sich aber nie ungefragt einmischte.
Dr. med. Bernhard Gurtner, ehemaliger Chefarzt Medizin Spital Wetzikon
1 Schweiz Med Forum 2008;8(32):576