Herr Kollege Schalch ortet die Schwierigkeiten des immer teureren Schweizer Gesundheitswesens bei den Spannungen zwischen Kosteneffizienz und Qualität und erklärt, dass Gesundheitseinrichtungen statt staatlicher Regulationen ein stabiles ethisches Fundament brauchen, um eine hohe Qualität garantieren zu können und ihrer sozialen Verantwortung gerecht zu werden. Um die steigenden Gesundheitskosten sozial verträglich in den Griff zu kriegen, müsse die Schweiz einen Spagat machen zwischen den beiden Stärken ihres Gesundheitssystems: soziale Finanzierung und privatwirtschaftliche Umsetzung. Und weil die Leistungsträger wie -erbringer privatwirtschaftlich aufgestellt seien, gelte die alte Regel: Keine Gewinnmarge – keine Gesundheitsmission. «No margin – no Mission. Bund und Kantone förderten integrierte Versorgungsmodelle, welche sich von der Basis her entwickeln sollten, wie medix und Projekte wie «gesundes Freiamt» usw. vorzeigen. Regulierungen von oben seien kontraproduktiv und wie z. B. das e-Patientendossier als Voraussetzung für Berufsausübungsbew. zeige, führe dies zum Scheitern und Vertrauensverlust auf allen Seiten. Er sieht die grösste Chance darin, dass die Ärzte den Spagat zwischen sozialer Verantwortung und Gewinnorientierung schaffen würden, wie sich an Lösungsmodellen wie medix zeige, obwohl gerade medix eben nicht die Gewinnorientierung im Blick hat, sondern die soziale Verantwortung und somit gar keinen so beschriebenen Spagat macht. Diese Darstellung der Schwierigkeiten im Schweizer Gesundheitswesen zeigt auf, weshalb die Schweizer Gesundheitspolitik daran scheitert, sozial verantwortlich und gleichzeitig bezahlbar zu sein. 2013 schon hat die American Medical Association im Journal of Ethics in einem Editorial festgehalten: No Margin – No Mission Is Too Simplistic. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts seien Spitäler in den USA von öffentlichen «non profit»-Institutionen zu Ketten von «for profit»-Spitälern geworden. 100 Jahre später frage man sich wieder, ob ein Spital tatsächlich ein «Geschäft mit Gewinnstreben sein soll oder eine sendungsgetriebene öffentliche Quelle, welche daran arbeite, die Gesundheit der regionalen Bevölkerung zu verbessern. «No Margin – no Mission» sei eine zu einfache Antwort auf die Frage, ob Spitäler gewinnorientierte Unternehmen oder öffentliche Dienstleistungsbetriebe sein sollen. Solange die Schweizer Gesundheitspolitik an Gewinnorientierung der entsprechenden Institutionen des Gesundheitswesens festhält, wird sie scheitern. Anlässlich der Trendtage Gesundheit 2022 in Luzern hat der Chirurg Prof. Bernhard Egger von Freiburg erklärt: «Solange im Gesundheitswesen Gewinne (AG’s usw.) erzielt werden können (von Seiten Leistungserbringer wie Leistungsträger!), wird sich das Problem kaum vollständig lösen können. Gesundheitsinstitutionen sollten in meinen Augen alle nicht-staatliche oder staatliche Non Profit Organisationen sein/werden.» Demnach ist es unsere Aufgabe, als erstes die Religion des «No margin – no mission» abzulegen, uns der Falle der markt- , wettbewerbs- , und konsumorientierten Ökonomisierung zu entziehen, unsere soziale Verantwortung wieder wahrzunehmen. Der Spagat zwischen sozialer Verantwortung und Gewinnorientierung ist weder Ziel noch Dilemma, sondern schlicht obsolet.