Critiques de livres

Horizonte
Édition
2022/35
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2022.20856
Bull Med Suisses. 2022;103(35):1128-1129

Publié le 30.08.2022

Waltraut Barnowski-­Geiser

Krankheitsscham – die verborgene Emotion. Erkennen, verstehen, helfen

Stuttgart: Klett-Cotta-Verlag; 2022
Ratgeber
Autorin Waltraut Barnowski-Geiser gibt in diesem Werk ihre jahrelange Erfahrung mit dem Thema Krankheitsscham weiter, welche sie seit ihrer Kindheit bis zur erfahrenen ­Therapeutin geprägt hat.
Sie beschreibt verschiedene Facetten der «Scham» und zeigt auf, wie die damit verknüpften Empfindungen wie etwa Peinlichkeit, Versagensängste, Trauer oder Schuld ­ineinander verschachtelt sind.
Etliche Fallbeispiele helfen bei der Erkenntnis des vielseitigen Krankheitsbildes Scham. ­Betroffene versuchen, ihre unerwünschten Empfindungen zu verbergen oder zu verdrängen, so dass sich die Emotion tief im Inneren verschliesst. Dies kann auch ein Schutz sein. Denn bereits in der Kindheit entstandene, verdrängte Scham kann die seelische, körperliche und geistige Entwicklung hindern und im jungen Erwachsenenalter in Beruf, Gesundheit oder Beziehung störend wirken. Die Person erinnert sich dann aber oft nicht mehr an den Auslöser für plötzlich auftretende ­Probleme wie akute Schmerzen unbekannter Ursache, ständige Ängste, Wutausbrüche oder gar soziale Zurückgezogenheit, welche das tägliche Leben unaufhörlich beeinflussen.
Therapiemethoden wie Körpertherapie, Bildarbeit oder Musiktherapie, werden abschlies­send als Türöffner beschrieben, um tief im Inneren die «beschämte Emotion» zu berühren, um zu erkennen und aufzulösen. Dies bedingt, dass Klientinnen oder Klienten bereit sind sich nach innen zu richten und mit Mut und Geduld in therapeutischer Begleitung die Prozesse zuzulassen.
Eveline Maegli
Redaktionsassistentin SÄZ
Sophie Woeldgen

Génération fluide – Enquête sur le genre

Genève: Labor et Fides (Les Explorations de heidi.news); 2022
Essai
Les multiples coming out et les débats sur l’identité de genre et les orientations sexuelles sont devenus un phénomène de société – dont l’ampleur impressionne. Le dernier des documentaires sur les développements so­ciétaux que publie le média heidi.news traite du domaine LGBTIQ+. La journaliste Sophie Woeldgen a recueilli les témoignages de personnes et familles concernées et ceux d’inter­venants professionnels.
Ce que vivent les personnes est en général ­devenu plus «facile» dans le passé récent («les millenials font tomber les frontières de genre»), mais il reste des difficultés, des rejets. La compréhension est la clé de l’acceptation, dit Adèle Zufferey, de la Fondation Agnodice, organisation pionnière. Cela apparait dans le portrait de la famille de Miya, jeune femme trans (à savoir qui se sent femme mais dont le sexe assigné était masculin), avec notamment les annonces à sa mère puis à son père. L’auteure a aussi fait une étude de «l’étrange ­business des opérations chirurgicales de réassignation sexuelle».
Un chapitre présente les plusieurs réalités de «troisième genre» qui existent et sont (ou ont été) socialement acceptées ailleurs: dans les îles du Pacifique, qu’a étudiées l’anthro­pologue Niko Besnier, les «vierges jurées» d’Albanie qui font vœu de virginité et vivent en hommes, les hijras d’Inde, les «berdaches» amérindiens rencontrés par les premiers explorateurs. Sont évoqués les coming out qui ont marqué en Occident (David Bowie, Freddy Mercury, Lady Gaga). Est traitée la question du langage épicène et on trouve un utile abé­cédaire des termes du domaine, encore insuffisamment connus.
Jean Martin
Dr méd., membre de la rédaction

Psychotraumatologie; Trauma-Folgestörungen und ihre Behandlung aus Sicht der Analytischen Psychologie

Stuttgart: Kohlhammer; 2020
Sachbuch
Psychotraumatologie ist ein brandaktuelles Thema – der Krieg in der Ukraine und die ­Pandemie hinterlassen deutliche Spuren. In dieser Situation hat Anita Horn ihr sehr kompaktes Buch geschrieben – 142 Seiten.
Sie stellt die neuere Entwicklung in der Dia­gnostik der Trauma-Folgestörungen dar. Dann beschreibt sie die wichtigsten Elemente dieser Störungen – Scham, Schuld, Dissoziationen inkl. körperlicher Symptome etc. – und stellt diese in einen entwicklungspsychologischen Zusammenhang. Ihre Überlegungen reichert sie an mit archetypischem Material, vor allem mit dem Mythos der Medusa, und entwickelt so ein psychodynamisches Konzept der Störung auf der Basis der Analytischen Psycho­logie. Perseus hat Medusa ja nur bezwingen können, weil er sie nicht direkt angesehen hat, sondern über einen Spiegel.
Bei den Behandlungsmöglichkeiten legt sie einen Schwerpunkt auf handlungsorientierte Methoden: Kreativitäts- und bewegungsorientierte Therapien – Malen, Sandspiel, Tanzen. So entsteht ein angenehm humanes, so gar nicht technisches Bild der Therapien, die aber trotzdem oder vielleicht gar deshalb ­erfolgreich sein können.
Das Buch gibt dem Anfänger einen ersten Überblick über ein schwieriges Thema und der erfahrene Therapeut bekommt im sehr ­lebendigen Text immer wieder Anregungen für seine Arbeit.
Gerold Roth, Effretikon
Daniela Kuhn

Eingesperrt, ausgeschlossen.

Zürich: Limmat Verlag; 2020
Erfahrungsbericht
Von März bis September 2020 galten in der Schweiz in Langzeitinstitutionen rigorose ­Besuchs- und Ausgehverbote. Familie und Freunde nicht sehen zu können, traf die in der Regel auf Besuche angewiesenen Personen besonders hart. So konnten die meist bettlägerigen oder – noch gravierender – demenzkranken Personen die Massnahmen oft nicht nachvollziehen.
Die Zürcher Journalistin und Autorin Daniela Kuhn hat die leidvollen Geschichten, die sich hinter verschlossenen Türen abgespielt ­haben, noch im selben Jahr dokumentiert. Sie sprach in allen drei Landesteilen mit Be­wohnerinnen und Bewohnern von Langzeitinstitutionen und deren Angehörigen. Es ­entstand eine eindrückliche Reportage in Buchform, bestehend aus 17 Aufzeichnungen von äusserst schmerzvollen Erfahrungen. Sie berühren und empören zugleich und stellen ein wertvolles Zeugnis einer Episode dar, die hoffentlich einmalig bleibt.
Die Öffentlichkeit erfuhr kaum etwas über die Situation der rund 130 000 Personen in Langzeitinstitutionen – es war kein Thema. Und so erstaunt es wenig, dass auch das Buch wenig Echo hervorrief. Die Berner Rechtsprofessorin Franziska Sprecher konstatiert in ihrem Nachwort dieses Versagen von Politik und Medien. Sie setzt sich kritisch mit der Verhältnis­mässigkeit und Rechtsstaatlichkeit der Massnahmen auseinander und fordert, künftig die Grundrechte aller Menschen zu wahren, analog zur Stellungnahme der Nationalen Ethikkommission und mehrerer engagierter Beiträge in der SÄZ.
Iris Ritzmann
Prof. Dr. med. et lic. phil, Universität Zürich, Mitglied der Redaktion Medizingeschichte

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