Resilienz bei Corona: Impfungen in der Stabilisierungsphase

Briefe / Mitteilungen
Édition
2021/21
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2021.19869
Bull Med Suisses. 2021;102(21):701

Publié le 26.05.2021

Resilienz bei Corona: Impfungen in der Stabilisierungsphase

Die Pandemie durch SARS-CoV-2-Viren ist nach wie vor weltweit aktuell. In der Schweiz ist sie die grösste gesundheitspolitische Herausforderung. Sie betrifft alle vernetzten staatlichen Strukturen.
Die Übertragung durch Tröpfchen und Aerosole, ausgehend von (noch) gesunden Trägern, ist heute unbestritten. Massnahmen zur Verhinderung von Kontakten (Isolation) sind langfristig inakzeptabel. Infektionen lassen sich über die Anzahl Kontakte einschränken. Tracing, Testungen, um Virusausscheider zu erfassen, sind sehr kostspielig und langfristig ineffizient. Dies gilt auch für wirksame Massnahmen zur Reduktion der Virusdosis über den Abstand: Raumbelüftung, Schutzwände, Masken. Die Resilienz bei der Beschaffung des Materials wurde missachtet.
Optimal wirken nur alle Massnahmen gleichzeitig zusammen, auch mit Impfungen: Die Wissenschaft hat in sehr kurzer Zeit viele Impfstoffe geschaffen. Das weltweite Konzept der Solidarität, gezielt Risikogruppen zu impfen, ist einmalig. In der ersten Phase wurden die Risikopatientinnen und -patienten, die ­Seniorinnen und Senioren und das Pflegepersonal geimpft, sofern die betroffenen Personen dies wollten. Die regionale Verteilung der Impfstoffe hat in der Schweiz funktioniert. Probleme ergaben kantonal unterschiedliche Hortungen von Impfstoffen.
Die Hausärzteschaft hatte wegen der Verantwortung für ihre Patientinnen und Patienten rascher und effizienter die gelieferten Impfstoffe verimpft. Die Arbeit wurde wegen Vorschriften für Registrierungen, unbrauchbarer Tools, fragwürdig verlangter persönlicher Date­n, komplizierter EDV-Übermittlungen, völlig diskriminierender Tarifverträge, fehlender Bezahlungen der Abrechnungen so erschwert, dass viele Hausärztinnen und -ärzte nicht mehr impfen. Diese Impf-Resilienz wurde ­gebrochen. Es braucht nun sehr viel, dieses Vertrauen wiederaufzubauen.
In der zweiten Stabilisierungsphase galt nur die Priorisierung nach Alter. Prioritär sollten jedoch Personen geimpft werden, welche aus arbeitsmedizinischen Gründen speziell gefährdet sind (Lehrpersonen, Polizeikräfte, Personal im Verkauf lebensnotwendiger Güter usw.), nicht Impfdrängler, Versicherer, Touristen. Die altersspezifische Erkrankungsrate nimmt jedoch bei Jugendlichen und Schülern zu. Sie sind als Risikogruppe nicht akzeptiert, obwohl sie zusätzlich langfristig psychosozial über fehlende praktische Bildungsfähigkeit, Herumhängen, Gewaltdemonstrationen, Vereinsamung durch digitale «soziale Medien» gefährdet sind. Ohne die Eltern zu fragen, können Schüler ab 16 Jahre geimpft werden. Dies gilt speziell für Lehrlinge und Mittelschüler.
Für die Zukunft der Menschen ist die Bildung zentral. Impfen ist nichts anderes als die immunologische Bildung. Deshalb sollten die Lehrpersonen, welche die Bildung vermitteln, auch prioritär geimpft werden. Sie erklären dies ja auch den Schülern. In risikoreichen Berufen instruieren die Lehrpersonen auch die arbeitsmedizinischen Schutzkonzepte (Handschutz, Hygiene, Masken). In einzelnen Kantonen werden sie bevorzugt geimpft, in anderen besteht kein Konzept. Man empfiehlt, Lehrpersonen und Jugendliche vor den Sommer­lagern zu testen, um Betroffene zu isolieren oder Quarantäne zu verordnen. Impfen wird nicht erwähnt, obwohl dies epidemiologisch wirksamer wäre.
Nicht alle Lehrpersonen wollen sich impfen lassen. Wichtig ist das Zeichen der Solidarität, dass ihre Anliegen ernst genommen werden. Prioritär geimpfte Lehrpersonen fördern die Akzeptanz der Impfungen, speziell der Jugendlichen.