Elektronische Patientendossiers gibt es nicht zum Nulltarif

Briefe / Mitteilungen
Édition
2021/08
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2021.19641
Bull Med Suisses. 2021;102(08):287

Publié le 23.02.2021

Elektronische Patientendossiers gibt es nicht zum Nulltarif

Aus den Diskussionen um E-Health und TARCO kommt mir ein grosser Widerspruch entgegen: alle möchten bessere Qualität, aber es darf nichts kosten.
Ich bin seit fast 20 Jahren hausärztlich tätig und wir führen in unserer grossen Gemeinschaftspraxis seit 9 Jahren eine elektronische Krankengeschichte. Die E-KG bedeutet einen deutlichen Qualitätssprung, aber zu einem grossen Preis: Die Anfangsinvestition kostet (konservativ gerechnet) 50 000.–, jede Arbeitsstation (PC) jährlich 3000.–. Die Umwandlung einer 2 cm dicken Papier-KG kostet von ärztlicher Seite 30–45 min Aufwand (Sortieren der Berichte, Diagnosen- und Medi-­Erfassung), von MPA-Seite etwa 1 Std. für die Scans. Für ein Patientenstammkollektiv von 1000 Patienten entstehen also konservativ ­gerechnet 150 000.– zusätzliche Aufwandkosten.
Ich bekomme keinen Rappen mehr Geld für meine bessere Qualität. Wie soll das gelöst werden?
Bisher haben mich auch die anderen elektronischen «Erleichterungstools» von oben nicht überzeugt: Die Validierung eines Impfaus­weises auf «meine Impfungen» braucht mich mind. 10 min, da die Impfempfehlungen z.T. schlicht falsch sind und per Mail dem Patienten richtiggestellt werden müssen. Die Online-Tools für die Covid-Meldungen waren softwaretechnisch nicht ausgereift.
Zusammengefasst: Das Betreiben einer elek­tronischen Krankengeschichte und die Bewirtschaftung anderer Hilfsmittel beruhten bisher auf Idealismus. Falls in Zukunft solche Tools vorgeschrieben werden, müssen sie zusätzlich entschädigt werden – und zwar ohne Kostendeckel wie die «Leistung in Abwesenheit».