Wenn Zahlen Spitäler regieren

Briefe / Mitteilungen
Édition
2020/50
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2020.19452
Bull Med Suisses. 2020;101(50):1677

Publié le 08.12.2020

Wenn Zahlen Spitäler regieren

Entlassung von Chefärztinnen und -ärzten, Führungspersonen, die eine hohe Kompetenz haben! Unglaublich in der heutigen Zeit, aber letztlich symptomatisch.
Wir, da meine ich auch mich, haben uns in den letzten Jahrzehnten leider nur auf das «Dökterlen» konzentriert, das zugegebenermassen unseren Patientinnen und Patienten in hohem Mass gedient hat, aber leider haben wir dabei die Führung unserer Spitäler Ökonomen überlassen, und das ist schlecht und muss in Zukunft verändert werden. Werden Spitäler nur noch nach «Zahlen» regiert, dann leiden letztlich die Patientin, der Patient und das gesamte Personal, insbesondere die Pflegefachleute, darunter. Der Wettbewerb unter DRG (Diagnosis-Related-Groups) hat da einiges beigetragen, ein System, das letztlich verheerend ist und weder Geld gespart noch die Behandlungsqualität verbessert hat – ein System, das keine wirkliche Verbesserung im Gesundheitswesen gebracht hat, im Gegenteil, nur einen üblen Wettbewerb, der letztlich auf Kosten der Patientinnen und Patienten geht, nach dem Motto, «je mehr ich mache, desto besser steht mein Spital (in Zahlen) da». Spe­ziell Ökonomen haben immer wieder betont, das DRG-System würde das Gesundheits­wesen verbessern, und wir Ärzte haben das geglaubt – schade.
Die früheren CEOs hatten in meiner eigenen Erfahrung das Spitzengefühl, den Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit und gemeinsamer Führung mit den «Experten» zu bewältigen. Ja, überhaupt, muss ein Spital «rentabel» sein, ist unser Sozialwesen rentabel? Spitäler sind keine Unternehmen in der freien Marktwirtschaft!
Notabene, wir wissen von mehreren Untersuchungen, dass Spitäler, die von Ärztinnen und Ärzten geführt werden sowohl ökonomisch (!) als auch von der Betreuungsqualität her besser abschneiden [1, 2].
Urs Brügger und Bettina Nägeli [3] schreiben zu Recht am Schluss von «gemeinsamen Werten, Vertrauen und transparenter Kommunikation» als Erfolgsrezepte für das Fundament eines tragfähigen Führungsverhältnisses – gerade diese Werte scheinen aber verloren zu gehen oder sind teilweise bereits verloren.