Covid-19: FMH muss die Kommunikation des BAG optimieren

Briefe / Mitteilungen
Édition
2020/37
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2020.19203
Bull Med Suisses. 2020;101(37):1139

Publié le 08.09.2020

Covid-19: FMH muss die Kommuni­kation des BAG optimieren

Als ehemaligen Rheumatologen müssen mich wie jeden ärztlich Geschulten die aktuellen Geschehnisse um die neu aufgetauchte Erkrankung Covid-19 stark beschäftigen. Dabei springt sehr rasch die Art und Weise ins Auge, wie das Phänomen durch die Behörden und weitergeleitet durch die Medien kommuniziert wird, in der Schweiz und ebenso weltweit. Es wird evident, dass, vermutlich dem internationalen Muster folgend, dominant die sogenannte «Fallzahl» alle Mitteilungen beherrscht, diese täglich seit März 2020 ausgepaukte, weiterlaufende Kumulation der durch einen PCR-Test ermittelten «Ansteckungen» (lies: Nachweis viraler RNA-Bruchstücke im nasopharyngealen Abstrich) wie auch der eingetretenen Todesfälle. Nicht die geringste Aussage bietet diese Fallzahl natürlich zur klinischen Bedeutung einerseits und zur Inzidenz von Covid-19 anderseits. Ohne Zweifel macht sie aber tiefen Eindruck auf weite Teile der Bevölkerung, die gebannt auf die täglich aufscheinenden Meldungen «Heute wieder 13 Ansteckungsfälle mehr als gestern» starrt oder, wie kürzlich der Fall, die – fast unglaubliche – Mitteilung eines Beam­ten des Bundesamts für Gesundheit an einer TV-Pressekonferenz hört, dass leider wieder ein Todesfall zu beklagen sei.
Diese Präsentationsform einer noch weit­gehend unerforschten infektiösen Krankheit muss jedem rational denkenden Menschen die Haare zu Berg stehen lassen. Sie ist, weil ohne jeden Bezug zur klinischen Schwere der Erkrankung und zu ihren effektiven Propor­tionen, als absolut unwissenschaftlich, in dieser Form sinnleer, weite Teile der Bevölkerung verängstigend und eines Bundesamts unwürdig zu verwerfen. Die FMH als Vertretung der Ärzteschaft muss sich zwingend zur Wehr setze­n gegen eine derartige Kommunika­tionspraxis, die sowohl schülerhafte wie auch tendenziöse Züge an sich hat. Hier ein konkreter Vorschlag, was gefordert werden muss:
1) Jeder ans BAG erfolgenden Positivitäts­meldung ist von der Teststelle obligat die verbindliche Angabe zum Schweregrad der Pathologie beizulegen, vorschlagsweise mit fünf Stufen: 1) leichte Symptomatik, 2) mittelschwere Symptomatik, 3) schwere Symptomatik mit Hospitali­sation, 4) Intensivstation, 5) Todesfall. Dies würde endlich eine gewisse klinische Wertung der «Fälle» ermöglichen.
2) Die «Fallzahl» ist nicht mehr kumulierend wie bisher anzugeben, sondern als «Fälle pro 1 Mio. Einwohner» oder prozentual, aufgeschlüsselt nach Schweregrad wie oben gezeigt.
3) Die täglichen Zahlenmeldungen des BAG erfolgen nur noch wöchentlich.
Ein weiteres gewaltiges Problem von Covid-19 liegt darin, dass die PCR-Testung, in verschiedenen, zunehmend auch schnelleren Varianten ausgeführt, einzige Beurteilungsgrundlage dieses gesamten Phänomens ist, aber in ihrer Validität nicht selten angezweifelt wird. Wie steht es damit? Eine aktuelle Darstellung durch die SÄZ wäre hier sicher für die meisten von uns sehr wertvoll.