Praxisbeispiel für den «Kern unseres Berufes» und «Gesundheit 2030»

Briefe / Mitteilungen
Édition
2020/36
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2020.19172
Bull Med Suisses. 2020;101(36):1072

Publié le 01.09.2020

Praxisbeispiel für den «Kern unseres Berufs» und «Gesundheit 2030»

Herr M. Matter fordert zu Recht, dass die Medizin in den Diensten aller stehen muss. Es sollen auch Totgeschwiegenes und Ungleichheiten bekämpft werden. Er beklagt auch den schleichenden Verlust von Wohlbefinden und Widerstandsfähigkeit und befürchtet, wie wir alle, das drohende Globalbudget. Letzteres ist der Ausdruck einer rein monetären Betrachtungsweise, also einer fatalen Bankrotterklärung der empathischen, humanen Medizin. Etwa 99 Prozent der Medizinkosten werden für Reparaturen eingesetzt. Für 2018: Totalkosten von 82 Milliarden Franken, bedeutet 9700.–/Kopf und Jahr, = 12 Prozent des BIP. Aus diesen noch ansteigenden Zahlen hat «Gesundheit 2030» endlich den richtigen, aber auch seit Jahren eigentlich selbstverständlichen Schluss gezogen, die Prävention zu fördern, für die bisher nur ein Prozent des Riesengeldes vorgesehen war. Haben tatsächlich wir Ärzte Angst davor, bei besserer Prävention Umsätze einzubüssen? Wird sich die heute total hedonistische (salopp mit «lustige» übersetzt) Gesellschaft endlich wieder mit alten Grundwerten wie Verzicht, Demut und Empathie auseinanderzusetzen wagen? Werden wir die übermächtige Sauf- und Rauch-Lobby noch irgendwie eingrenzen können?
Um den sehr theoretischen Worten und Wünschen von Herrn M. Matter und «Gesundheit 2030» die anschauliche Substanz zu geben, hier ein klassisches Beispiel aus der manchmal auch vorbeugenden Grundversorgung: Die i.v.-Eisen-Substitution hat sich in den letzten 20 Jahren völlig zu Recht emanzipiert, medizinisch unterlegt verbreitet und in der Schweiz Hunderttausenden von Frauen den echt nachhaltigen Ausstieg aus ihrem oft jahrelangen, ässerst mühsamen Leben auf Halbmast gebracht. Der gute Erfolg dieser echt professionellen Grundversorgung hat jetzt einige Krankenkassen, die ganz offenbar nicht rechnen können, dazu veranlasst, die Kostenübernahme für Eiseninfusionen bei Ferritinwerten ab 16 ng/ml und höher abzulehnen. Dieser einseitige, willkürliche Entscheid ist eine brutale Ohrfeige an alle die Eisenmangelfrauen, welche mit so wenig Aufwand eigentlich ein vollwertiges Leben führen könnten. Diese Krankenkassen verweigern sich der Tatsache, dass durch effiziente Eiseninfusionen (70 % ertragen die Tabletten nicht) auch grosse Folgekosten durch viele Spezialistenbesuche vermieden werden können. Leider haben viele Eisenmangelfrauen diese nutzlose, kostenintensive, absolut nicht zielführende, mühsame Odysse auch schon hinter sich, gerade weil jetzt in dieser Sache die unsinnigen, völlig kontraproduktiven Fehlentscheide der Krankenkassen zunehmen. Die banale Erkenntnis, dass grundlegend fehlendes Eisen eben nur durch Eisen ersetzt werden kann, wird illustriert dadurch, dass für Alternativen angefragte Versicherungsärzte und klinische Professoren einfach Antworten verschweigen oder naiv und hilflos frische Luft empfehlen … !!!
Also bitte das Eisenmangel-Thema der mens-
truationsgeplagten Frauen nicht mehr weiterhin totschweigen, an der natürlichen Ungleichheit zu den Männern nicht mehr so überfahrend vorbeischauen, durch Aufklärung der Frauen (und aller ahnungslosen Männer) deren Gesundheitskompetenz fördern, auch durch Eisen gesund älter werden, über zehn Eisenmangelsymptomen mit Eisengabe ursächlich, medizinisch einzig richtig und nachhaltig vorbeugen, damit Versorgungsqualität erhöhen, die medizinische Behandlung verbessern und Kosten dämpfen. Fast der ganze Katalog von «Gesundheit 2030» kommt da ganz zwanglos hinein.