Offener Brief ans BAG: Für ein differenziertes Preiserhöhungsmoratorium

Briefe / Mitteilungen
Édition
2020/04
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2020.18591
Bull Med Suisses. 2020;101(04):98

Publié le 21.01.2020

Offener Brief ans BAG: Für ein ­differenziertes Preis­erhöhungsmoratorium

Heute, am 12. Januar 2020, sind 297 Wirkstoffe und 750 Medikamenten-Packungen nicht lieferbar. Dr. Clerc analysiert die Lieferengpässe hervorragend. Sie haben zu tun mit den andauernden Preissenkungen.
Gerade die altbewährten günstigen Heilmittel, auch Arzneien aus der Komplementärmedizin, sind betroffen, die niemand mehr zu so tiefen Preisen herstellen will. Die Wirkstoffe werden dort eingekauft, wo der Herstellungspreis am günstigsten ist: in Indien oder China, oft werden sie nicht einmal kontinuierlich vom gleichen Hersteller produziert.
So sind diese Präparate oft nicht lieferbar oder werden vom Markt genommen. Die Schweiz ist bekanntlich ein sehr kleines Land mit kleinen Märkten und mit hohen Qualitätsansprüchen. Wie Herr Kollege Clerc schreibt, kommen noch andere, speziell für die Schweiz verteuernde Aspekte dazu wie die Dreisprachigkeit und die aufwendigen Packungs­pro-spekte, die manchmal teurer sind als die Medikamente.
Bei den komplementärmedizinischen Heilmitteln ist die Lage noch grotesker. Die Preise und die Verordnungshäufigkeiten sind sehr tief, und sie spielen im teuren Gesundheitswesen praktisch keine Rolle. Seit mehr als 10 Jahren gab es keine Preiserhöhung, aber viel mehr teure Qualitätskontrollen und eben: auch hier komplizierte neue Aufschriften. Einzelne Heilmittelhersteller haben deshalb aus begreiflichen Gründen angefangen, ihre Präparate aus der SL herauszunehmen. Das führt unweigerlich zu einer Zweiklassenmedizin. Wollen wir das?
Deshalb: Liebes BAG, liebe Krankenkassen­politiker, bitte differenzieren Sie das Preiserhöhungsmoratorium für die sehr günstigen Heilmittel, damit sie für die HausärztInnen und PatientInnen weiterhin erhalten bleiben.