Alterswerke werden halt meist kritisch aufgenommen: Sind sie so gut wie früher, als die Bandmitglieder noch lange Haare hatten, Gitarren auf der Bühne zertrümmerten – diesen legendären Zerstörungsakt nannte man dann «autodestruktive Kunst» –, oder ist es einfach ein Abklatsch der früheren, heroischen Zeiten? Diese Gefahr des Alters-Abklatschs beschreibt das Lied von Randy Newman sehr zutreffend: «I’m dead, but I don’t know it.» Aber nein, (meist) sind sie gar nicht tot – zuweilen sehen sie aber fast so aus. Schauen Sie sich Iggy Pop an, den man auch als godfather of punk apostrophiert. In seinen tiefen Gesichtsfurchen lässt sich sein bewegtes Leben als Sänger, Gitarrist, Schlagzeuger und Komponist förmlich ablesen. Meist ist diese Altersmusik aber in der Tat anders, ruhiger, auch abgeklärter, wohl darum heisst Iggys Album auch «free». At last, möchte man beifügen, wenn er am Anfang mit sphärischer Untermalung sagt: «I wanna be free – free.» Das renommierte Musikmagazin «Rolling Stone» charakterisiert diesen neuen free-Stil: «Iggy zittert, rezitiert, kontempliert, schreit, der Jazztrompeter Leron Thomas spielt mal gedämpfte, mal klar gerichtete Soli. Cool. Auch wenn (und weil) es wenig rockt.» Ja, Alterswerke sind anders, alles andere wäre auch etwas unglaubwürdig, ausser bei Mick Jagger. Der rennt mit seiner neuen Aortenklappe, in der TAVI-Technik implantiert, wild gestikulierend über die Bühne wie beim denkwürdigen Konzert der Rolling Stones im Letzigrund vor zwei Jahren.