Kostspieliges und unkoordiniertes Bürokratiemonster

Briefe / Mitteilungen
Édition
2019/5152
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2019.18511
Bull Med Suisses. 2019;100(5152):1753

Publié le 18.12.2019

Kostspieliges und unkoordiniertes Bürokratiemonster

Sehr geehrter Herr Kollege Schuurmans
Besten Dank für Ihren engagierten Text. Sie sprechen mit Ihrem Anliegen sicherlich vielen Kolleginnen und Kollegen aus dem Herzen. Ich habe mich ebenfalls geärgert, dass der Ärzteschaft auf diese Art und Weise wieder einmal eine administrative Zusatzaufgabe aufgebürdet wird.
In der durch den Tarifeingriff von Bundesrat Berset bereits beschränkten Sprechstundenzeit sollen künftig also auch noch die durch ihre Diagnose sowieso schon verunsicherten Krebspatientinnen und -patienten über die Weitergabe ihrer Daten informiert werden? Ich bin überzeugt, dass im «Eifer des Gefechts» diese Informationspflicht häufig ­vergessen gehen wird, dadurch macht sich ­jedoch die betreffende Ärztin bzw. der betreffende Arzt strafrechtlich angreifbar.
Auch die Organisation dieser Meldepflicht ist chaotisch, es existieren nicht einmal standardisierte Formulare, welche man beispielsweise über die Praxissoftware teilweise elek­tronisch ausfüllen könnte. Man hat diese Aufgabe offenbar bequem an die Software­hersteller delegiert. Die Ansicht, dass man ja einfach Berichte weiterleiten könne, ist un­realistisch. Diese beinhalten häufig weitere medizinische Informationen, deren Weitergabe unzulässig ist. Auch Doppelspurigkeiten sind vorprogrammiert, denn im Gesetz ist die Meldepflicht breit ausgelegt («alle Ärzte, Spitäler und andere private oder öffentliche Institutionen des Gesundheitswesens»): Somit werden mehrfach die gleichen Daten (Kliniker, Chirurg, Pathologe, Radiologe, Radio­onkologe etc.) weitergegeben, frei nach dem Motto «Hauptsache, Daten sammeln!».
Die Repliken auf Ihr Anliegen beinhalten denn auch lediglich politisches und schön­färberisches Gerede ohne praktischen Approach. Die Ärzteschaft sei ja schliesslich einbezogen worden und hätte sich im Rahmen der Vernehmlassung äussern können.
Hinsichtlich Vergütung steht im Artikel 33 des Krebsregistergesetzes, dass «die Beauftragten Anspruch auf eine Abgeltung haben». Mit «die Beauftragten» sind meines Erachtens jedoch die mit der Datenverarbeitung beauftragten Personen und Institutionen gemeint und nicht die Datenlieferanten. Herr Wagner spekuliert in seiner Replik jedoch, die Ärzteschaft könne den Aufwand nach Meinung des Bunds über den TARMED abrechnen. In diesem Zusammenhang bin ich gespannt, wie Patientinnen und Patienten bzw. deren Verbände sowie Krankenversicherer diesen ­Aspekt beurteilen und wie politisch mit dem damit verbundenen OKP-Kosten­anstieg umgegangen werden wird. Wahrscheinlich wird dies dann wieder als ungerechtfertigte Mengenausweitung seitens der Ärztinnen und Ärzte interpretiert und am ­Tarif manipuliert.
Zusammengefasst halte ich das Krebsregistergesetz für ein kostspieliges und unkoordiniertes Bürokratiemonster, die gutmütige und eben meistens mit anderen als politischen Problemen beschäftigte Ärzteschaft wird diesen Meldebefehl jedoch selbstverständlich ohne Murren ausführen.