Ernährung in der Spitalmedizin

Briefe / Mitteilungen
Édition
2019/41
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2019.18277
Bull Med Suisses. 2019;100(41):1362

Publié le 09.10.2019

Ernährung in der Spitalmedizin

Die Gesellschaft für Klinische Ernährung Schweiz (GESKES) plant einen Antrag an die SIWF zur Schaffung des notwendigen interdisziplinären Schwerpunkts «Ernährungsmedizin».
Ziele des Schwerpunkts sind Stärkung der Aus- und Weiterbildung der Ärzte* in Ernährungsmedizin. Dazu gehören die adäquate ­Erfassung und ernährungstherapeutische Betreuung der Patienten mit Mangelernährung (ME) und weiteren krankheitsassoziierten ­Ernährungsproblemen, sowohl ambulant als auch stationär. Dieser Schwerpunkt ist interdisziplinär und richtet sich nicht nur an ­Internisten, sondern an Ärzte aller Fachdisziplinen.
Wie Prof. P. Schütz et al. in der SÄZ [1] eindrücklich beschreiben, ist gerade die ME, ­unabhängig von der Fachdisziplin, eine sehr relevante Erkrankung, die eine erhöhte Morbidität und Mortalität der Patienten mit sich bringt. Aufgrund der kürzlich im Lancet ­pu­blizierten EFFORT-Studie [2] werden mit ­einem systematischen Screening und einer individuellen Ernährungstherapie negative Folgen der ME, wie das Risiko schwerer Komplikationen und die 30-Tage-Mortalität, für die Patienten reduziert. Gleichzeitig werden auch gesundheitsökonomische Faktoren positiv beeinflusst, sofern die frühzeitige und ­individualisierte Ernährungstherapie durch eine klinisch erfahrene Ernährungsberaterin/­­-therapeutin durchgeführt wird.
Die Ernährungsmedizin fokussiert nicht nur auf ME, sondern befasst sich mit Themen wie Ernährung bei Stoffwechsel- und Magen-Darm­-Erkrankungen, enteraler (via Sonde) und parenteraler Ernährung, Prävention etc., Themen, die in der bisherigen Aus- und Weiterbildung von Ärzten stiefmütterlich behandelt werden.
Aus uns schwer nachvollziehbaren Gründen hat unser Ansinnen nun «Gegenwind» erfahren durch einen Beitrag von Dr. E. Weber et al. [3]. In diesem Beitrag beurteilen die Autoren den Schwerpunkt als nicht zielführend. Sie monieren u.a., dass die Evidenzlage unzureichend sei, was wir von uns weisen müssen, denn nicht nur in der EFFORT-Studie wurden die günstigen Effekte einer Ernährungsintervention gezeigt, sondern z.B. auch durch die NOURISH-Studie [4].
Im Gegensatz zur Meinung der Autoren gewinnen alle Mediziner durch die Einführung des Schwerpunkts «Ernährungsmedizin», da Ernährung einen höheren Stellenwert erhält, so dass eine eigentliche Win-win-Situation für Mediziner und die Ernährungsmedizin entsteht.
Dabei geht es nicht um das «Delegieren» klinischer Tätigkeit, sondern um gegenseitigen fruchtbaren Austausch, und dies zum Wohl der Patienten! Nicht zu übersehen ist die in der Schweiz massiv unterrepräsentierte Präventionsmedizin: Gerade durch Ernährungsexperten kann diesem vernachlässigten ­Bereich mit dem Schwerpunkt der richtige Stellenwert gezollt werden!
Abschliessend weisen wir darauf hin, dass ein wichtiges Element des Schwerpunkts «Ernährungsmedizin» die Schaffung von interdiszi­plinären Teams ist, und Ernährungsteams sind essentiell für eine erfolgreiche Betreuung der Patienten sowohl im Spital als auch ambulant.
Wir erwarten deshalb gerade von den Internisten eine breite Unterstützung des interdisziplinären Schwerpunkts «Ernährungsmedizin», und dies immer mit dem Fokus auf eine verbesserte Betreuung der Patienten.
* Gemeint sind immer beide Geschlechter.