Dem wäre fast nichts beizufügen

Briefe / Mitteilungen
Édition
2019/38
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2019.18212
Bull Med Suisses. 2019;100(38):1261-1264

Publié le 18.09.2019

Dem wäre fast nichts beizufügen

Dem Beitrag von Erhard Taverna über das Gendern wäre fast nichts beizufügen, hätten nicht bereits Mediziner (und -innen) begonnen, in ihren Texten Binnen-I, Gender-Sternchen, Schrägstrich usw. zu verwenden, wo auch fachspezifisch eine Geschlechterdifferenzierung nicht angezeigt ist. Den meisten Lesern dürfte das Beispiel (von Taverna erwähnt) des Zürcher Amtsschimmels bekannt sein, der eine Interpellation wegen des maskulinen Wortes «Besetzer» ablehnte. Weniger bekannt ist wohl die Empörung einer Pfarrerin (auch in Zürich) darüber, dass das Wort «Gott» ebenfalls mit dem maskulinen Artikel besetzt ist. Ein Pendent dazu, nämlich die «Göttin», zu kreieren dürfte nicht nur den universitären Gender-Dunst zum Kochen bringen, sondern auch den Vatikan heraus­fordern – worauf nur die Atheisten sich vergnüglich zurücklehnen würden. Um sexuelle Feindbilder zu neutralisieren, wünschen Gender-Besessene, die Worte «Vater» und «Mutter» zu entsorgen und durch Elter 1 und Elter 2 zu ersetzen und wahrscheinlich bald durch ­Elter 3 und 4 zu ergänzen. Auch sind wir wahrscheinlich noch nicht weit davon entfernt, bis ein militanter Tier-Jurist sich darüber ­empört, dass z.B. die Nomen Adler und Katze ausschliesslich mit maskulinem bzw. femi­ninem Artikel in Gebrauch sind; wird doch bereits darüber diskutiert, wie sexuelle Praktiken zwischen Mensch und künstlicher ­Intelligenz gendergerecht benannt werden sollen, bezogen auf die KI konnotiert mit ­einem Maskulinum, einem Femininum oder einem Neutrum. Dies entspricht tatsächlich einer gewissen (wenn auch queren) Logik, da man angeblich der KI auch einen Anspruch auf Recht und Ethik zusprechen will. Bevor aber die Schweizerische Ärztezeitung einen Wettbewerb zur Änderung des Magazintitels bekannt gibt, ­bietet sich dringend (bis Mitte Oktober) die Gelegenheit zu einer national ausgerufenen, hoffentlich gendergerechten Namensgebung für ein Objekt bloss 100 Lichtjahre von uns entfernt: Es handelt sich gemäss NZZ um den Planeten HD130322b. Am besten wählt man gleich einen Namen mit Stern* versehen – dann herrscht Klarheit … ­Erhard Taverna zitierte aus einem Essay: «Eine Poesie der gerechten Sprache wird radikale, spielerische, lustvolle, anarchische Texte produzieren …», wobei zu ergänzen wäre: und vielleicht noch mehr Gender-semantischen Schwachsinn.