Komplementärmedizin – 10 Jahre nach der Abstimmung

Organisationen der Ärzteschaft
Édition
2019/2324
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2019.17949
Bull Med Suisses. 2019;100(2324):795

Affiliations
Dr. med., Allgemeine Innere Medizin, Mitglied FMH, Homöopathie (SVHA), Präsidentin UNION Schweizerischer komplementärmedizinischer Ärzteorganisationen

Publié le 04.06.2019

10 Jahre nach der Abstimmung «Zukunft mit Komplementärmedizin» – viel erreicht, aber Handlungsbedarf in der Nachwuchsförderung!
Vor 10 Jahren, im Mai 2009, haben Volk und Stände den neuen Verfassungsartikel zur Berücksichtigung der Komplementärmedizin deutlich angenommen. 67 Prozent der Schweizer Bürgerinnen und Bürger haben Ja gesagt zur Berücksichtigung der Komplemen­tärmedizin in Anwendung, Lehre und Forschung.
Schrittweise wurden und werden die Forderungen des Verfassungsartikels seither umgesetzt. Wichtige Meilensteine waren das Medizinalberufegesetz (MedBG) aus dem Jahr 2013, welches die Berücksichtigung der Komplementärmedizin fordert, der neue Lernzielkatalog «PROFILES» vom März 2017, der die Komplementärmedizin in die Lehre einbezieht, und schliesslich der Bundesratsentscheid von 2017 zur definitiven Aufnahme der ärztlichen Komplementärmedizin in die Grundversicherung der Schweiz. Man berücksichtigte Methoden mit einer Anwendungs- und Forschungstradition, wissenschaftlicher Evidenz und ärztlicher Erfahrung/Weiterbildung (Vertrauensprinzip). Die ärztlichen Leistungen der Anthroposophisch erweiterten Medizin, der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), der Homöopathie und der Phytotherapie sind seither offizieller Teil der medizinischen Grundversorgung der Schweiz.
Die Nachfrage nach komplementärmedizinischen Leistungen ist gross – gemäss der letzten Gesundheitsbefragung des Bundesamtes für Statistik (BFS) hat rund ein Drittel der Bevölkerung komplementärmedizinische Leistungen nachgefragt, Tendenz weiter zunehmend [1].
Das ärztliche Angebot ist mit einer Anzahl von lediglich rund 1000 Ärztinnen und Ärzten mit einem Fähigkeitsausweis in einer der vier komplementärmedizinischen Fachrichtungen, die in der Grundversicherung vergütet werden, im Vergleich zu rund 8000 Grundversorgern [2] deutlich zu tief.
Die Akzeptanz der Komplementärmedizin in der ambulant tätigen Ärzteschaft ist gut. Eine Studie des Instituts für Hausarztmedizin an der Universität Zürich zeigt z.B. für die Homöopathie, dass gut die Hälfte (53%) aller Ärztinnen und Ärzte den Einsatz der Homöo­pathie als «first line»-Therapie dann unterstützt, wenn es keine konventionellen Therapieverfahren gibt oder für unspezifische Symptome, die in der Praxis ziemlich häufig sind (Anmerkung der Autorin). Ebenfalls gut die Hälfte (51,2%) unterstützt die Homöopathie als «second line»-Therapie, wenn die konventionelle Medizin nicht erfolgreich ist [3].
Die UNION Schweizerischer komplementärmedizi­nischer Ärzteorganisationen bemüht sich um eine nachhaltige Nachwuchsförderung.
Sie vereinigt als Dachverband rund 1000 Ärztinnen und Ärzte, welche zusätzlich zu ihrer konventionellen Facharztausbildung eine Weiterbildung gemäss Fähigkeitsprogrammen in Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophisch erweiterter Medizin oder Akupunk­tur – Arzneitherapie der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) des Schweizerischen Instituts für Weiter- und Fortbildung (SIWF) innehaben. Die vier in der UNION vereinten Ärzteorganisationen ­bieten inter­essante und flexible Curricula zu den entsprechenden Fähigkeitsausweisen. Diese werden von den einzelnen Fachgesellschaften verwaltet, sind vom Schweizerischen Institut für Weiter- und Fortbildung (SIWF) anerkannt und berechtigen zur Abrechnung der speziellen Tarifpositionen in der Grundversicherung. Weitere Infor­mationen finden sich auf der Home­page des SIWF oder der einzelnen Fachgesellschaften.
Geschäftsstelle
UNION Schweizerischer komplementärmedizinischer Ärzteorganisationen
Tribschenstrasse 7 ­Postfach 3065
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Tel. 041 368 58 05
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1 Schweizerische Gesundheitsbefragung 2017 des Bundesamtes für Statistik (BFS), publiziert 28.2.2019.
2 Bundesamt für Statistik (BFS) 2017.
3 «Beliefs, endorsement and application of homeopathy disclosed: a survey among ambulatory care physicians.» Markun Stefan, Maeder Marc, Rosemann Thomas, Djalali Sima, Institute of Primary Care, University of Zurich, University Hospital Zurich, Switzerland, Original article | Published 12 October 2017 | doi:10.4414/smw.2107.14505. Cite this as: Swiss Med Wkly. 2017;147:w14505.