Thema Uranmunition – nicht mehr tabu

Briefe / Mitteilungen
Édition
2019/19
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2019.17846
Bull Med Suisses. 2019;100(19):647

Publié le 07.05.2019

Thema Uranmunition – nicht mehr tabu

Was nicht mehr zu leugnen ist, findet allmählich den Weg in die Presse und die allgemeine Öffentlichkeit. 20 Jahre nach dem Krieg gegen Jugoslawien ist die Bevölkerung Serbiens und des Kosovo mit einer sehr unangenehmen Wahrheit konfrontiert. Steigende Krebsraten vor allem in Südserbien, aber auch im Gebiet um Novi Sad und in Belgrad, ebenso im Kosovo, speziell Prizren, zeugen von einer im Krieg eingesetzten Waffenart, deren Letalität mit dem Krieg nicht endet. André Gsponer, der leider früh verstorbene Schweizer Physiker, publizierte im Jahr 2002 [1] einen Vergleich zwischen uranhaltiger Munition und Nuklearwaffen der vierten Generation. Seine Hypothese ist, dass mit dem Einsatz dieser ­radioaktiv toxischen Munition die Menschheit an nuklear verseuchte Kriegsschauplätze gewöhnt werden sollte. Diese Hypothese ist nicht abwegig, haben wir es doch im Irak, ­Afghanistan, Jemen etc. etc. mit sehr ähnlichen, wenn nicht gleichen Krankheitsbildern zu tun, die sich schon sehr bald nach den ersten Bombardierungen zeigten: z.B. multiple Krebse, die den Onkologen bis dahin kaum bekannt waren. Die Unfruchtbarkeit der Frauen nahm auch dort stark zu, die jungen Ehepaare sehen sich mit unabwendbarer Kinderlosigkeit konfrontiert. Eine Tragödie. Die italienische Regierung hatte schon vor geraumer Zeit die z.B. an Leukämien erkrankten Soldaten, die im Kosovo im Einsatz waren, mit einer Entschädigung bedacht. Heute will die italienische Regierung den in Serbien erkrankten Menschen beistehen bei einer Klage auf Entschädigung gegen die beteiligten Natostaaten.
Die Schweiz hat viele Emigranten aus Serbien und dem Kosovo aufgenommen. Sie alle wusste­n um die Problematik, viele von ihnen ­haben Anverwandte verloren und werden sie weiterhin verlieren. Das Reden war jedoch ein Tabu – mit der Buchrezension von Dr. Hunziker wurde dieses Tabu aufgebrochen. Der Weg zur echten und umfassenden Hilfeleistung wird damit frei.
1 Gsponer A, Hurni JP, Vitale B. A comparison of ­delayed radiobiological effects of depleted-uranium munitions versus fourth-generation nuclear weapons. 2002. arXiv:physics/0210071 [physics.med-ph]