Kräfte nicht für Streit einsetzen, sondern für Weiterentwicklung der Psychiatrie

Briefe / Mitteilungen
Édition
2019/19
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2019.17844
Bull Med Suisses. 2019;100(19):646

Publié le 07.05.2019

Kräfte nicht für Streit einsetzen, sondern für Weiterentwicklung der Psychiatrie

In der Schweizerischen Ärztezeitung der Woche 15 und in einem Gastkommentar in der NZZ vom 9.4.2019 hat Erich Seifritz, ärztlicher Direktor der Psychiatrischen Universitäts­klinik Zürich, seine Haltung gegenüber den Anliegen der Petition kundgetan. Der Tages-Anzeiger vom 16.4.2019 berichtet ausführlich über das damit ausgelöste Echo.
Wir haben diese Petition unterstützt, weil wir immer wieder damit konfrontiert werden, dass die psychotherapeutische Behandlung von psychisch Kranken entweder nicht gewährleistet oder fachlich ungenügend ist, unabhängig davon, ob sie von Psychotherapeuten oder Psychiatern durchgeführt wird.
Wir stellen fest, dass die medikamentöse Behandlung eine Vormachtstellung einnimmt. Fachleute betonen zwar, dass eine medikamentöse Behandlung einer begleitenden Psychotherapie bedarf. Letztere ist nur selten gewährleistet. Insbesondere in der stationären Behandlung gibt es zu wenig ausreichend qualifizierte Psychotherapeuten. Vielmehr hat der Einsatz von Assistenzärzten mit ungenügenden Sprachkenntnissen stark zugenommen wegen mangelndem inländischem Nachwuchs.
Es ist uns egal, welche Berufsgruppe die Psychotherapie durchführt. Sie muss rasch zugänglich und qualitativ hochstehend sein. Statt nun Kräfte im Kampf um Macht und Pfründe zu verpuffen, sollten sich die Kontrahenten ihrer Aufgabe besinnen, psychisch Kranke auf ihrem Genesungsweg zu unterstützen und zu begleiten. Dass sie dabei die Angehörigen einzubeziehen haben, wird in der Praxis leider viel zu wenig gelebt. In welche Richtung sich die Psychiatrie weiter­entwickeln muss, ist dem Manifest 2018 der Pro Mente Sana (www.promentesana.ch) zu entnehmen. Dafür müssen sich Politik und Gesellschaft viel stärker einbringen. Immer noch stehen sie abseits, wenn es darum geht, nötige Mittel zu sprechen, um Mängel zu beheben und um gegen die Diskriminierung und Stigmatisierung von psychisch Kranken und deren Angehörigen anzukämpfen.