Burn-out keine Berufskrankheit?

Briefe / Mitteilungen
Édition
2019/11
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2019.17680
Bull Med Suisses. 2019;100(11):384-385

Publié le 13.03.2019

Burn-out keine Berufskrankheit? 

Die Finanzierung der Krankenkassenprämien ist heute ein dominantes politisches Problem. Viele Personen sogar im Mittelstand können sich die Prämien nicht mehr leisten.
Aktuell könnte der Ständerat dieses Problem einfach verbessern, macht aber das Gegenteil. Immer mehr berufsbedingte Krankheiten und deren Langzeitfolgen werden zu Lasten der Krankenkassen und damit auch zum Schaden der Patienten und ihrer Angehörigen und ihrer Kinder gelöst.
Burn-out ist eine Form einer dekompensierten Psychoreaktion. Als solche ist sie nicht neu und unter diesem modernen Begriff schwer abgrenzbar von anderen Folgen einer Überforderung, zum Beispiel einer Depression. Manche verlaufen schwer, bis hin zum Suizid (Bilanzsuizid). Natürlich sind solche ­Reaktionen sehr häufig berufsbedingt. Dies ist an sich unbestritten, auch wenn die Krankheit nicht messerscharf definierbar und der Zusammenhang mit der Arbeit nicht immer restlos einwandfrei belegbar ist. Dies gilt aber für die Ursache vieler Krankheiten und Verletzungen. Es ist deshalb weder logisch noch gerecht, den meist offensichtlichen beruflichen Zusammenhang nicht zu akzeptieren. Bei Berufskrankheiten sind die Kranken­kassen vorleistungspflichtig [1]. Für die Pa­tientenversorgung und die Prävention wäre die Vorleistungspflicht der Unfallversicherer bei einem Verdacht auf eine Berufskrankheit sinnvoll. Weshalb die Krankenkassen aber die Leistungspflicht nicht zu Gunsten der Patienten durchsetzen wollen, ist unver­ständlich. Vielleicht bestehen da unbewusste Kick-backs innerhalb der Versicherungen?
Damit werden immer mehr Patienten und ihre Familien diskriminiert, teils mit dem Argument der Selbstverantwortung. Für Unfälle und Berufskrankheiten gibt es keine Franchise. Patienten, die bewusst freiwillig krank werden, sind sehr selten. Deshalb sind alle Franchisen eine Diskriminierung von Patienten. 
Die Anerkennung berufsbedingter Psycho­reaktionen ist auch wichtig für die Prävention. Die Diskriminierung von Ar­beitern aus betriebswirtschaftlichen Gründen wäre so einfacher vermeidbar. Die Prämien bezahlt der Konzern und nicht der Arbeiter. Ein Patron, der für seine Arbeiter sorgte, ist seltener geworden. Entlassungen langjähriger Mitarbeiter über Fusionen zum aus­schliesslichen Vorteil der Aktionäre, auch bei internationalen Konzernen, müssten so sinnvoll als langfristige Kosten mitberechnet werden. Auch das «Künden und Wieder­anstellen nach Bewerbungen» von lang­jährigen Mitarbeitern würde Kosten für den Betrieb/Konzern verursachen. Damit würde es lukrativ, das Risiko einer arbeitsbedingten Psychoreaktion zu vermeiden. 
Gesundheitspolitiker, die das nicht sehen, sind deshalb entweder blind oder schauen bewusst in eine andere, entsolidarisierte politische Richtung. Sie werden diesbezüglich unglaubwürdig.