Etwas Phantasie, Herr Kollege

Briefe / Mitteilungen
Édition
2019/03
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2019.17479
Bull Med Suisses. 2019;100(03):42

Publié le 16.01.2019

Etwas Phantasie, Herr Kollege

Die Reaktion des Vizepräsidenten der FMH auf meinen Artikel über meinen Vertrauensverlust in die Ärzteschaft nach den diversen Skandalen und Mauscheleien in der Ärz­teschaft und in der Pharmaindustrie in der letzten Zeit, und speziell in Bezug zum Implantat- Skandal, ist eine Möglichkeit, auf unangenehme Wahrheiten zu reagieren: man stellt das Ganze als einen Einzelfall in einem sonst doch so gut funktionierenden System dar und verweist auf den juristisch-institutionellen Weg zur Bewältigung dieses Einzelfalls. Er meint, ich würde grossen Schaden anrichten durch meine falschen Schlüsse. Man macht das Opfer zum Täter. Der Vergleich des «Starorthopäden» mit einem Raser auf der Autobahn hinkt schwer. Erstens gibt es mehr als ­einen Raser und Raser werden mit Gefängnis bestraft. Ärzte kaum je. In einer Beziehung stimmt er immerhin, denn sehr viele Fahrer halten sich nie an die angegebenen Geschwindigkeitsbeschränkungen, so wie viele Ärzte überarzten.
Eine andere Möglichkeit des Reagierens wäre, Transparenz zu schaffen, um so verlorenes Vertrauen wiederzugewinnen (Leadership). Hier wäre eine klare Distanzierung geboten, es ­wären unmittelbar anwendbare Massnahmen vorzuschlagen und vorwärtszumachen mit einer gesetzlich verankerten Dokumentationspflicht von Eingriffen (Indikation, an­gewandte Technik, Material, Outcome durch genügend lange Nachkontrollen) oder Offenlegungspflicht finanzieller Abhängigkeiten. Es ist auch ein Skandal, dass dies nicht schon lange Pflicht ist. Des Weiteren wäre auch darauf hinzuarbeiten, dass nicht private Firmen Qualitätszertifikate erstellen, denn sie sind von den Auftraggebern abhängig. Es gäbe noch eine Reihe anderer Massnahmen, die von der FMH eingeführt und vorangetrieben werden könnten, so z.B. Indikationskontrollen (u.a.m.). Ich bitte um etwas Phantasie, Herr Kollege Bosshard.