Eine unbedingt sehenswerte Filmproduktion über ein Grossexperiment der Moderne, wie das Aufkommen einer demokratischen Massenkultur genannt wurde. Berlin ist die absolute Provokation, die Überforderung, die aufregendste Stadt Europas, Projektionsfläche für konservative Gegenmodelle von Heidegger bis Benn, von Provinzlern und ewig gestrigen Kriegsgurgeln. Partyzone, Popkultur, Massenarmut, Endzeitstimmung, Anarchie. Ein Gefühl von Paranoia und die zunehmende Brutalität der Strasse dominieren die fiktionale Handlung. Ein Jahr später bricht der Sozialstaat zusammen. Noch einmal drei Jahre und Hitler übernimmt die Macht. Die spannenden Handlungsstränge kulminieren immer wieder im Tanz am Rande des Abgrunds. Selbstsichere Frauen, Schwule und Lesben, moderne Mode, Raves, Dada und Bauhaus, Charleston und Go-Go-Tänzerinnen à la Josephine Baker bestimmen die Nächte im Vergnügungstempel Moka Efti. Rauschhafte Bilder, wo eine androgyne Schönheit die Menge in Ekstase singt: «Ozean der Zeit […] zu Staub zu Asche, doch noch nicht jetzt.» Eine von vielen gelungenen Figuren, in der Nosferatu mit einem Popstar verschmilzt. Wir Nachgeborenen wissen, wie es herausgekommen ist. Ängste, dass Demokratie und Wohlstand untergehen könnten, entdecken in den Weimarer Jahren eine Warnung für die Gegenwart. Wer die Literatur weniger kennt, weder Kästner, Fallada, Brecht noch viele andere gelesen hat, findet eine gute Gelegenheit, sich mit den Jahren vor der Katastrophe der Nazizeit auseinanderzusetzen. Darüber nachzudenken, wo wir heute wären, wenn es ganz anders verlaufen wäre.