Buchbesprechungen

Horizonte
Édition
2018/38
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2018.17078
Bull Med Suisses. 2018;99(38):1301

Affiliations
Dr. med., Mitglied der Redaktion

Publié le 19.09.2018

Niklaus Gaschen ist ein unermüdlich produktiver Bücherschreiber. Selbst die zwei Festschriften zu seinen theoretischen Betrachtungen Homo mathematicus und ­Vektorielle Psychiatrie hat er selber verfasst. Adolf Jens Koemeda befasst sich in seinem Roman Die Absicht kritisch mit unterschiedlichen Flüchtlingen, die unseren eigenen Lebensstil in Frage stellen.
Psychiatrie und Mathematik
Niklaus Gaschen
Vektorielle Psychiatrie
124 Seiten. 29.90 CHF, ISBN: 978-3898468183
Homo mathematicus
128 Seiten. 29.90 CHF, ISBN: 978-3898468190
Hanau: Verlag Haag + Herchen; 2018.
Der Versuch, Psychiatrie und Mathematik zu verbinden ist nicht neu. Meist werden dafür symbolisch-bild­haf­te Begriffe gebraucht, etwa, wenn man von neuronaler Plastizität spricht, von Tiefenpsychologie oder von ­vektorpsychologischen Beiträgen zur visuellen Wahrnehmung. Niklaus Gaschen spricht in seiner Anankolo­gie-Lehre von Existenzvektoren und Ellipsen, die alle Dimensionen und Koordinaten einer momentanen Existenz erfassen. Ein Bio-Psycho-Soziales Modell, das weniger berechnet, als vielmehr in einer Gleichung zusammenfasst, die er zur anankologischen-kosmologischen Formel erweitert. Eine philosophische Universaltheorie, der bisher die öffentliche Anerkennung versagt blieb. Die Ursachen ortet der Verfasser in ­Unkenntnis, Neid und Missgunst der Berufskollegen. Verbal könnte man seine Betrachtungen mit jenen von Leopold Szondi (1893–986) vergleichen. Ein sich überschätzender Aus­senseiter oder vielleicht doch ein verkanntes Genie? Vielleicht gewähren ihm zukünftige Generationen die von ihm schmerzlich vermisste Anerkennung.
Simmi, ein Flüchtling in Deutschland
Adolf Jens Koemeda
Die Absicht
240 Seiten. 25 CHF
ISBN: 9783905896855
Basel: Münster Verlag; 2018.
Der Autor geht sehr kritisch mit der Problematik der Flüchtlinge um. Seine Hauptfigur ist Simmi, ein Bosnier, den zuhause nur Enttäuschungen, Langeweile und Armut erwarten. Die deutsche Sprache hat er sich von Fernsehsendungen erarbeitet. Seit einiger Zeit lebt er in Deutschland und hat dort nicht die schlechtesten Erfahrungen gemacht. Er schreibt an einem Erfahrungsbericht im Auftrag seiner Sozialarbeiterin, schreibt über Herkunft, Erfahrungen mit Institutionen und anderen Migranten. Muslime kommen bei ihm nicht besonders gut weg, auch wenn er die Kritik meist seinen Gesprächspartnern überlässt, deren pauschale Verurteilungen er ab und zu relativiert. Von einem Tsunami ist die Rede oder einem möglichen ersten muslimischen Bundeskanzler bis 2045. Die missglückte Integration eines Antihelden, der nicht allzu viel Mitleid erregt, was auch für alle anderen Asylbewerber gilt. Gut beobachtet und abwechslungsreich erzählt, mit einem überraschenden Ende. Im Grundton erinnert vieles an den Roman «Unterwerfung» von Michel Houellebecq.
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