Courrier / Communications

Es wäre fahrlässig, die Flinte bzw. das Stethoskop ins Korn zu werfen

DOI: https://doi.org/10.4414/bms.2018.06701
Date de publication: 25.04.2018
Bull Med Suisses. 2018;99(17):538

Dr. med. lic. theol. Michel Lansel, Zürich

Es wäre fahrlässig, die Flinte bzw. das Stethoskop ins Korn zu werfen

Brief zu: Osterwalder A. Stethoskop – Museumsstück. Schweiz Ärztezeitung. 2018;99(15):477–8.

Es wäre wohl fahrlässig, die Flinte bzw. das Stethoskop ins Korn zu werfen. Es gibt immer noch gute Gründe, eines bei sich zu haben, selbst im Spital.

– Angenommen das CT steigt in der Nacht aus und kann nicht umgehend repariert werden: Das Stethoskop kann zur Dia­gnose «Peritonismus» plötzlich sehr nützlich sein.

– Das anamnestische Gespräch, die Palpation und Auskultation begünstigen die Bildung des Beziehungshormons Oxytocin, das dämpfend auf die Amygdala wirkt, wodurch sich Stress und Angst verringern. Eine gewiss nicht unerhebliche Nebenwirkung.

– Besagte Trias (Gespräch, Palpation und Auskultation) stellt ein vertrautes ärzt­liches Ritual dar, das als Plazebo (über eine Endorphinausschüttung) zu einer Schmerzlinderung führt. Auch dieser Effekt darf sich sehen lassen.

– Was ich schliesslich als Unterassistent vor bald 40 Jahren gelernt habe: Die Auskultation gibt der Ärztin oder dem Arzt überdies entscheidende 10 bis 15 Sekunden Zeit, um über die Differentialdiagnose, Abklärungsmodalitäten und mögliche Therapien nachzudenken. Mehr noch: wertvollste ­Sekunden, die uns auch gestatten, auf unsere Intuition und unser Körpergefühl zu achten, was für die Entscheidungsfindung von erheblicher Bedeutung sein kann.

Fazit: So segensreich die Technik auch sein mag – den menschlichen Kontakt kann sie nicht verdrängen, und hierzu gehört u.U. nun mal auch das Stethoskop.

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