Weiterbildungsprogramm Allgemeine Innere Medizin

Briefe / Mitteilungen
Édition
2018/16
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2018.06670
Bull Med Suisses. 2018;99(16):509

Publié le 18.04.2018

Weiterbildungsprogramm ­Allgemeine Innere Medizin

«Es entspricht (…) nicht der Realität, wenn man behauptet, dass das neue Weiterbildungsprogramm (WBP) Allgemeine Innere Medizin (AIM) dem ambulanten Sektor Ärzte (entzieht)», schreiben Bassetti und Héritier (S. 357) angesichts der tabellarischen Darstellung bei Marti (S. 354), die genau das zeigt: Im ambulanten Sektor innert 5 Jahren + 2%, im stationären + 43%!
Geschätzte Kollegen, wenn es um diesen zentralen Punkt bei der Rekrutierung unseres professionellen Nachwuchses im erfolgskritischsten Bereich des ganzen Gesundheitssystems geht, wünschte ich mir eine saubere Argumentation, welche die vorgebrachten Fakten würdigt. Es ist heute Mode, dass fast jede medizi­nische Spezialität Nachwuchsmangel beklagt. Offensichtlich will sich niemand vorstellen, dass unser hochgelobtes Gesundheitswesen auch mit weniger Ärztinnen und Ärzten funktionieren könnte. Ich spare mir hier die Aufzählung von alltäglichen Tätigkeiten, welche nicht wirklich ein akademisches Studium und eine mehrjährige Weiterbildung erfordern, um korrekt ausgeführt zu werden, an die sich aber Spezialisten wie Generalisten hierzulande so sehr gewöhnt haben (auch finanziell), dass es für eine Veränderung einer Revolution bedürfte.
Wenn die Medizin sich von stationär zu ambulant und die zu behandelnden Störungen von akut zu chronisch entwickeln, ist nicht einzusehen, warum mit Hinweis auf eine «umfassendere und komplexere Problematik» über ein «möglichst flexibles Weiterbildungsprogramm» schwadroniert wird, statt den Vorschlag von Marti zu analysieren und zu bewerten. Ihr 5-Punkte-Programm nimmt in Punkt 2 den Gedanken spezifischer Karrie­retracks zwar auf, insgesamt bleibt es aber sehr stratosphärisch. Bemühen Sie sich bitte auf den Boden der Realität – Sie werden einen Mangel an Allgemeinpraktiker(inne)n in den Praxen nämlich nicht mit Spitalinternist(in­n)­en kompensieren können. Für die 90% der Probleme, die wir tagtäglich in unseren Praxen abschliessend lösen, sind Spitäler zu teuer, zu komplex und zu gefährlich. Im Spital braucht es hervorragende Allgemeininternis­t(inn)en, denen wir aus der Praxis unsere ­akutesten, schwierigsten und komplexesten Patien­t(in­n)en anvertrauen können – aber nicht >2000 gegenüber <5000 im ambulanten Bereich, und nicht beliebig viele Hierarchiestufen. Was die Aus- und Weiterbildung des Nachwuchses angeht, helfen wir in den Praxen gerne und vermehrt mit, während das ­obligatorische A-Jahr in einem hausärztlichen Karrieretrack gern zur «flexiblen» Disposition gestellt werden kann. Das «Feedback aus der Praxis» von Marti ist zu wichtig, als dass es einfach so vom Tisch gewischt werden sollte. Die SGAIM-Exponenten mögen sich am parallel geführten Austausch zwischen Sorg und Heim über die (fehlende) Kompetenz am Bewegungsapparat ein Beispiel nehmen, wie ein lösungs- und umsetzungsorientierter Dialog zu führen wäre.