Das Zimmer war ohne die warmen Täferwände, die ich in den Gemeinschaftsräumen im Erdgeschoss sah und in den anderen Zimmern vermutete. Schlicht und notdürftig war es eingerichtet: Ausser dem verstellbaren Bett und dem auch verstellbaren Tischchen, zwei Stühlen und einem Sessel guckte nur ein grosser Bildschirm aus der Ecke hervor. Ich hatte den Eindruck, dass alles, ausser dem Koffer am Boden, dem Altersheim gehörte. Ich sah keinen persönlichen Gegenstand, kein Bild, kein Foto. Bald kam der Pfleger, froh, dass er mich bei der Patientin entdeckte, und fragte, ob wir Lust auf Kaffee hätten. Er brachte nicht nur Kaffee, sondern auch Kuchen. Weder er aus einem Nachbarland noch die Frau aus dem Dorf wussten, wozu das Haus einmal gebaut wurde. Wir hatten es gemütlich. Draussen war es kalt, die Sicht war schlecht, aber ich konnte mir vorstellen, dass der Blick aus dem Fenster schön war. Ja, sagte die Patientin, bei Föhn habe man den Säntis fast direkt vor der Nase. Ich bedauerte, dass ich nie dazu kam, von diesem Sehnsuchtsberg der Ostschweizer auf den Skiern runterzufahren. Sie sagte, sie hätte es mit ihrem verstorbenen Mann mehrmals getan. Wir berichteten über unsere Skierlebnisse und meinten, hie und da auf einer Piste oder im Sommer bei einer Wanderung hätten wir uns treffen können. Ich bekam immer mehr den Eindruck, die Frau und die Einrichtung des Zimmers passten irgendwie nicht zusammen. Nach einer Weile äusserte sie den Wunsch, das Zimmer zu verlassen. Sie rief den Pfleger, der sie in den Rollstuhl setzte, mit einer Sauerstoffflasche versorgte und mit einer Decke den Oberkörper einhüllte. Zuerst dachte ich, wir würden etwas auf dem Gang hin und her fahren, aber sie steuerte mich zum Lift, sie wollte nach draussen gehen. Ich meinte, sie sollte dann die Füsse besser schützen. Sie erwiderte, sie habe warme Füsse und nie kalt. Draussen an der frischen Luft zog sie aus der Tasche eine Zigarette und Streichhölzer und inhalierte mit Genuss den Rauch. Ich schob sie eine Weile nicht weit vor dem Haus hin und her, und bald nach der zweiten Zigarette kehrten wir ins Zimmer zurück. Gegen Ende meiner vorgesehenen Zeit kam eine andere Freundin mit dem Hund der Patientin, der mich freundlich beschnupperte und wie sie eine riesige Freude zeigte. Ich verabschiedete mich mit der Hoffnung, wieder zu ihr zu kommen. Beim Ausgang traf ich ein paar Pflegerinnen, dem Dialekt nach aus dem Dorf oder der Umgebung, aber sie konnten mir auch nicht sagen, was früher im Haus war.