Hinterfragen und erweitern

Briefe / Mitteilungen
Édition
2017/32
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2017.05900
Bull Med Suisses. 2017;98(32):991

Publié le 09.08.2017

Hinterfragen und erweitern

Brief zu: Adler R. Credo Quia Absurdum – oder: Sparmöglichkeiten im Gesundheitswesen. Schweiz Ärztezeitung 2017;98(28–29):901–2.
Geschätzter Herr Kollege Prof. em. Dr. med. R. Adler
Sie und der von Ihnen zitierte Edzard Ernst haben völlig Recht. Berliner Mauer ohne genaue Analyse der Zusammensetzung des verwendeten Mauerstücks und ohne eine korrekt durchgeführte homöopathische Arzneimittelprüfung therapeutisch einzusetzen, widerspricht den Regeln der ärztlichen Homöo­pathie.
Wenn wir Ärztinnen und Ärzte aber plötzlich verantwortlich wären für alle Medikamente, die hergestellt werden, wo führte das hin? Müsste man die Methode als Ganzes in Verruf bringen, wenn z.B. ein Medikament wegen nachgewiesenen, starken Nebenwirkungen vom Markt genommen werden muss? Ist die Rheumatologie als Methode falsch wegen dem Fiasko mit den COX-2-Hemmern?
Sie führen unwissenschaftliches Denken auf das Medizinstudium zurück, das Fakten vermittelt statt wissenschaftlichem Denken. Sie können sich freuen, denn mit dem neuen Lernzielkatalog «PROFILES» (= Principal Relevant Objectives and Framework for Integrated Learning and Education in Switzerland), der am 15.3.17 definitiv genehmigt wurde durch SMIFK/CIMS wurde genau diesem Umstand Rechnung getragen. Der neue Lernzielkatalog beinhaltete einen Paradigmenwechsel weg vom reinen Vermitteln von Wissen hin zu einem kompetenzbasierten Handeln. Interessant z.B. GO 6.4: «understand the general theoretical principles of medical and scientific knowledge and show an awareness of its development, its problems and limits». Was heisst, dass man das heute gültige naturwissenschaftliche Denken in der Medizin, das übrigens immer noch auf den Prinzipien von Newton beruht, durchaus hinterfragen und auch erweitern darf!
Und ausserdem bezüglich Komplementär­medizin: EPA 7.3 «Adopt a shared-decision making approach in establishing the management plan, take into account patients’ preferences in making orders; take into account an indication or request for complementary medicine; (...). »
Der Schweizer Verein homöopathischer Ärztinnen und Ärzte setzt sich ein für eine inte­grative Homöopathie zum Nutzen vieler Patientinnen und Patienten und hat als Mitglied der UNION Schweizerischer komplementärmedizinischer Ärzteorganisationen letztes Jahr die Qualitäts-Charta der FMH unterzeichnet zusammen mit vielen anderen Ärztevereinigungen.