Courrier / Communications
Internationaler Workshop deutschsprachiger Evolutionsmediziner
Internationaler Workshop deutschsprachiger Evolutionsmediziner
Wie und warum ändern sich in einer durch uns selbst veränderten Welt Gesundheitsprobleme sowie psychische Störungs- und somatische Krankheitsbilder? Was macht uns krank? Standardantworten der medizinischen Forschung beschränken sich auf Veränderungen im Stoffwechsel, genetische Faktoren oder Umweltfaktoren wie Exposition gegenüber pathogenen Keimen oder Umwelttoxinen. Diese Faktoren sind zweifellos bedeutsam für die Verursachung von Krankheiten – sie verraten aber nur die halbe Wahrheit, insbesondere wenn deren mittel- und langfristige Veränderungen nicht in Betracht gezogen werden. Eine umfassendere Erklärung krank machender Prozesse erfordert ein tieferes Verständnis der menschlichen Natur in ihren Bezügen zu stammesgeschichtlichen Vorgängen. In vielerlei Hinsicht ist der Mensch – physisch und psychisch – an längst vergangene Umwelten angepasst. Dazu zählen die Exposition gegenüber einem umschriebenen Spektrum pathogener Keime, Schwankungen in der Verfügbarkeit von Nahrung, stärkere physische Aktivität und vermutlich weniger psychosozialer Dauerstress und mehr psychosoziale Musse.
Evolutionsmedizinische Erklärungen «moderner» Krankheiten reichen daher von autoimmunologischen Erkrankungen, Obesitas, Diabetes mellitus, kardiovaskulären Erkrankungen, Malignomen bis hin zu psychischen Störungen.
Das im deutschsprachigen Raum bisher einzige universitäre Institut für Evolutionäre Medizin an der Medizinischen Fakultät der Universität Zürich hat neuere Entwicklungen zum evolutionsmedizinischen Verständnis von Krankheit und Gesundheit zum Anlass genommen, deutschsprachige Wissenschaftler und Ärzte zu einem Workshop nach Zürich einzuladen, um neue interdisziplinäre Forschungsprojekte sowie Verankerung evolutionsmedizinischen Denkens in der kurrikulären Lehre in der Medizin zu diskutieren. Dies umfasst das Verständnis zur Dynamik menschlicher Gesundheit und Krankheit, Fragen der Anpassungsfähigkeit (genetisch, phänotypisch) und gar Fragen zum Einfluss zukünftiger medizinischer Interventionen.
An dem Austausch nahmen etwa 20 Teilnehmer teil, die unterschiedliche Fachdisziplinen vertreten (Anatomie, Genetik, Gynäkologie und Geburtshilfe, Ethnomedizin, Public Health, Psychiatrie, Humanethologie / Evolutionäre Psychologie). Auf dem diesjährigen Workshop wurden bereits erste Ideen für interdisziplinäre Projekte in Forschung und Lehre ausgearbeitet, insbesondere, um den translationalen Aspekt der Evolutionsmedizin zu stärken und die Wissensvermittlung an künftige Medizinergenerationen zu verankern. Die Fortsetzung dieses Workshop-Formats in jährlichem Rhythmus ist geplant. Interessenten sind herzlich willkommen und können Anfragen an folgende E-Mail richten: info[at]iem.uzh.ch
Bochum/Zürich, 15. Mai 2017
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