Atomausstieg

Briefe / Mitteilungen
Édition
2017/2122
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2017.05678
Bull Med Suisses. 2017;98(2122):687

Publié le 24.05.2017

Atomausstieg

Im Namen eines Energieforums, das die Meinung der Stromlobby vertritt, rät uns ein ­Kollege, den Konsens über den Atomausstieg am 27. Mai abzulehnen. Er befürchtet Energieknappheit infolge des Atomausstiegs und beklagt zudem, «dass zukünftige, noch sicherere Atomtechnologien nicht mehr genützt werden könnten».
Damit verlässt er die sachliche Diskussionsebene und agiert wie ein Kellner in einem Nachtlokal, der seinen Kunden möglichst viel Schnaps, vor allem den teuren Whisky verkaufen möchte.
Nicht zukünftige, sondern schon die gegenwärtige Atomtechnik insbesondere in der Schweiz ist sicher, auch die russische und die japanische Atomtechnologie sind sicher. Die Katastrophe von Tschernobyl ist durch absichtliche Höherstellung des Kernspaltungsniveaus entstanden, welche ein ehrgeiziger höherer Beamter gegen den Rat der Belegschaft erzwungen hatte.
Diejenige von Fukushima, weniger dramatisch als diejenige von Tschernobyl, ist Folge eines Seebebens, eines Tsunami, welcher die japanische Küste mit dem Atomkraftwerk ­erreicht hatte und die Brennstäbe mit dem Uranium samt der «Asche» in den Wellen mitriss, damit Meeresgrund und überschwemmtes Land verseuchte.
Beide Katastrophen haben enorme Geldmittel verschlungen; die Schwächung der japanischen Wirtschaft war im Westen augenfälliger als diejenige Russlands, dessen ärmere Bevölkerung umso schwerer daran zu tragen hat.
Der Kollege führt auch die hohen Kosten von 200 Milliarden ins Feld, welche durch die Still­legung der Atomkraftwerke anfallen würden. Nicht die mangelnde Technologie der Atomkraftwerke ist der Grund des Atomausstiegs, sondern die Unmöglichkeit der sicheren Entsorgung der plutoniumhaltigen «Asche»! Der obige Betrag würde demzufolge für die «un­sichere Entsorgung» dieser Asche anfallen und damit ansteigen, je länger man die Atomkraftwerke im Betrieb behält.
Was man sich unter «unsicherer Entsorgung» vorstellen soll, reicht von dezentraler Vergrabung kleiner Ascheportionen im nördlichsten Ostasien (Archipel Gulag) oder im südlichsten Zipfel Südamerikas (Feuerland) bis zur Bestechung von ehrgeizigen Stammesführern in Schwarzafrika; sicher würden beide Enden der Möglichkeitsskala genutzt. Plutonium, durch die Atomtechnologie erstmals künstlich auf dem Erdball produziert, hat eine Verstrahlungshalbwertszeit von ca. 2000 Jahren. Es ist weit «giftiger» als das in Bergwerken gewonnene Uranium 238, und selbst als bombentaugliche Fraktion 235.
Ursprünglich hätten Atomkraftwerke erst dann gebaut werden dürfen, wenn die sichere Entsorgung der «Atomasche» geklärt wäre. Es war schon damals die Lobby der Kraftwerkbetreiber, die solange «Bittibätti» bei den Bundesräten machte, bis diese «weich» wurden. Und einige Jahre später, als die schweizerischen Industrien eine Spitzenposition auf dem Felde umweltverträglicher Energiegewinnung erarbeitet hatten, blockierte die Kraftwerk­lobby deren Realisierung, indem sie die Abnahme von «Sonnenstrom» einfach nicht ­bezahlte. Inzwischen hat uns China bezüglich Spitzenposition abgelöst.
Das ist nichts anderes als «kalter Krieg» gegen die Schweiz, gegen das Schweizer Volk und unsere Wirtschaft! Und das müsste entsprechend geahndet werden!