Courrier / Communications
Die FMH braucht Reformen und ein neues Selbstverständnis
Die FMH braucht Reformen und ein neues Selbstverständnis
Zunehmend werden Ärzte zu Angestellten von Krankenhauskonzernen oder Praxisbetreibern. Das Paradigma des selbständig praktizierenden Arztes ist wohl am Verschwinden, aber das leitende Paradigma zur Strukturierung der FMH. Die kantonalen Ärztegesellschaften sehen sich nach wie vor als Interessenvertreter der niedergelassenen frei praktizierenden Ärzteschaft; angestellte Ärzte sind willkommene Beitragszahler, aber auch nicht mehr. In der Vergangenheit war das zweifelsfrei richtig. Zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit der FMH braucht es aber umgehend Lösungen, die alle berufstätigen Ärzte, unabhängig davon, ob selbständig erwerbend oder angestellt, adäquat repräsentieren und auch vertreten. Angestellte Ärzte sehen sich mit ganz anderen Herausforderungen konfrontiert als selbständig Erwerbende: «Physicians, disillusioned by the productivity orientation of administrators and absence of affirmation for the values and relationships that sustain their sense of purpose, need enlightened leaders who recognise that medicine is a human endeavour and not an assembly line» [1]. Der Situation der Angestellten in einem Krankenhauskonzern widmete das deutsche Nachrichtenmagazin Der Spiegel eine eindrückliche Titelgeschichte [2]. Krankenhäuser werden demnach gnadenlos auf Rendite getrimmt, zu Lasten von Ärzten und Patienten. Noch wird in Spitälern mit kranken Menschen gearbeitet und nicht mit leblosen Gegenständen. Die FMH muss auch zur Stimme der angestellten Ärzte werden, wenn sie weiterhin Gewicht haben will. Das braucht eine andere Organisationsstruktur, eine, die nicht nur den Weiterzubildenden und den selbständig Erwerbenden gerecht werden wird, sondern auch den angestellten Ärzten. Solange ärztliche Dienstleistungen nicht von Robotern, ausgestattet mit künstlicher Intelligenz, und von Avataren am Krankenbett erbracht werden, ist wohl das Zeitfenster dafür noch offen.
1 Lancet. 2016; Volume 388:2216.
2 Der Spiegel.2016;(51):14–22.
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